Naturnahe Aquaristik

  • Hallo, liebe Forengemeinde *ü*


    Habt Ihr schon mal von naturnaher Aquaristik gehört oder sie selbst ausprobiert?


    Im Prinzip läuft das Ganze so ab.


    Ein gut eingefahrenes Aquarium wird sich "selbst überlassen". Der Mensch greift so wenig wie möglich ein.


    Das beinhaltet u. a. kein Mulmen, kaum Wasserwechsel, nur gelegentliche Filterreinigung, auch die Wasserpflanzen lässt man möglichst frei wachsen.


    Statt Wasserwechsel wird bei Bedarf verdunstetes Wasser, durch Frischwasser ergänzt.

    Also so wie es in der Natur, in Seen & Teichen, häufig vorkommt.

    Verdunstung und Auffüllung durch Niederschläge.


    Ich probiere das gerade aus.

    Beim kleinen 60 cm Becken allerdings konsequenter als beim 80 cm Becken.

    Es fällt gelegentlich doch schwer auf Wasserwechsel und Mulmen zu verzichten.

    Vorallem wenn das Becken zentral in der Wohnung steht.

  • Nennt sich "Altwasseraquaristik"? Zumindest nah verwandt damit.

    Mein Fall wär's nicht. Ich mag nicht, wenn meine Fische in den eigenen Ausscheidungen schwimmen müssen, das tun sie in der Natur üblicher Weise nicht. Und es so hinzubekommen, daß der Filter genau alle Abfallstoffe umsetzt und die Pflanzen den Rest verwerten, stelle ich mir nicht so einfach vor.

    Wenn du verdunstetes Wasser mit Leitungswasser nachfüllst, denk daran, daß du damit GH und KH erhöhst. Mineralien verdunsten ja nicht mit, im Leitungswasser sind welche enthalten. Das summiert sich. Also besser mit Osmosewasser, dest. Wasser oder Regenwasser auffüllen, und nur ab und zu mit Leitungswasser.


    Edit: Ein Aquarium ist niemals eine natürliche Umgebung. Darum muß es auch anders behandelt werden. Und - es ist nicht so, daß Pflanzen und Fische in ihrer natürlichen Umgebung immer optimal gedeihen. Oft sehe ich Habitatbilder mit veralgten Pflanzen. Und auch die Tiere sind nicht immer im besten Zustand.

  • Oehrchen


    Von Altwasser - Aquaristik habe ich schon gehört.. Scheint wirklich ein ähnliches Prinzip oder ähnlicher Denkansatz zu sein.


    Den Wasserbewohnern scheinen die geringen Wasserwechsel weniger auszumachen, als Anfangs gedacht.


    Allerdings sehen die Becken mit der Zeit nicht ganz so hübsch aus und mein 60 cm Becken riecht gelegentlich wie ein alter Tümpel. 😉

    Erinnert somit schon sehr an die natürlichen See & Teiche. Vorallem an sogenannte Himmelsteiche, die nur von Regenwasser gespeist werden.


    Ich vermute aber, daß man vorallem im Sommer nicht um Wasserwechsel drumherum kommt - weil dann ja doch die Verdunstung größer und das mit der Mineralien - Anreicherung ist natürlich nicht von der Hand zu weisen.

  • Also spätestens ein "alter Tümpel" Geruch würde mich abhalten, sowas durchzuziehen. Das wäre/ist auch in der Natur nicht die Umgebung, in der Fische und höhere Wirbellose üblicher Weise leben. Es gibt natürlich immer Spezialisten, die sich auch an solche Bedingungen angepasst haben - was aber nicht heißt, daß sie von besseren Bedingungen nicht profitieren.

  • Moin.

    Ich denke die Natur macht mehr als nur verdunstetes Wasser nachzufüllen.

    Da werden Huminstoffe eingespült, die Oberfläche und das Wasservolumen sind ein vielfaches Größer als in so einem Glaskasten.

    Oftmals erfolgt ein Wasseraustausch durch Zu- und Abflüsse.

    Wind bewegt die Oberfläche. Sonnenschein durchflutet das Gewässer

    Usw

  • Es fällt gelegentlich doch schwer auf Wasserwechsel und Mulmen zu verzichten.

    Es kommt sicherlich immer darauf an, was man selbst tatsächlich möchte.
    Naturnahe ist ein weit gefächerter Begriff, der zahlreichen Interpretationen Spielraum lässt.
    Greift man bei den Pflanzen zB nicht ein, findet ein Verdrängungswettbewerb statt. Es bleiben nur die übrig, die mit den jeweiligen, gegebenen Bedingungen besonders gut zurecht kommen. Dann wird es auf die Dauer recht einseitig.
    Gleiches gilt für die Fische. Labyrinther werden mit einem Tümpel gut zurecht kommen. Strömungsbedürftige Arten mit Sicherheit nicht.
    Ich hatte in meiner 2. Aquaristikphase mal solch ein Becken, was auch gut funktionierte. Eine optische Perle war das allerdings nicht, weshalb ich davon wieder Abstand genommen habe.

  • vlt. hilfreich, auch wenn es sich dem Titel nach an absolut Beginners zu wenden scheint, er ist so ein Verfechter dieser Art Aquarien zu „pflegen“.


    Wenn Ihr Mulm im Becken habt, was füttert Ihr?

    Mulm habe ich eigentlich nur bei den ganz kleinen. Und da ich keinen Bodengrund habe, kann sich Mulm in meinen Becken auch nicht verstecken.

  • das waldviertel ist das land der - von böhmischen teichgräbern gegrabenen - himmelteiche

    diese dien(t)en ausschließlich der fischzucht, haben eine sehr geringe tiefe und im verhältnis dazu eine riesenfläche. über den winter, nach dem abfischen, liegen sie trocken

    'riechen' tut davon kein einziger. allerdings hatten die darin herangezogenen karpfen, nachdem die teiche jahrzehntelang nicht gepflegt worden waren, früher einen muffigen geschmack

    heute, bei entsprechender bewirtschaftung, haben sie eine ausgezeichnete qualität. allerdings sind die teiche, wie oben schon erwähnt, nur über die sommersaison besetzt

  • w4tel


    Oh, da haben wir etwas gemeinsam, auch vor meiner Haustür gibt's weit mehr als 20 Himmelsteiche.


    Seit ca. 1470 haben die Sächsischen Könige im Moritzburger Forst Himmelsteiche anlegen lassen.


    Die Meisten sind durch ein ausgeklügeltes Kanalsystem miteinander verbinden und sie werden alle ausschließlich durch Regenwasser gespeist.


    Auch der Schloßteich am weltberühmten und bekannten Schloß Moritzburg, sowie der nur durch eine Straße vom Schlossteich getrennte Schwanenteich sind Himmelsteiche.


    Alle Teiche wurden in all den Jahrhunderten durchgängig bewirtschaftet, sie dienten früher der Belustigung des sächsischen Hofes und der Versorgung mit Speisefischen für die höfische Tafel.


    Die Teiche werden auch heute noch fischereiwirtschaftlich genutzt und immer wieder aufwendig in Stand gehalten.


    Im Herbst wird geerntet. Die Teiche werden abgelassen, abgefischt und dann füllen sie sich sofort wieder durch Regen & Schnee.


    Dies geht je nach Niederschlagsmenge teilweise relativ & erstaunlich schnell.


    https://www.saechsische.de/mor…-ohne-wasser-3437355.html

  • Naturnah ist bei mir wohl nicht genau die richtige Bezeichnung,

    denn das Wasser im großen Becken läuft ja über einen Mattenfilter,

    und zusätzlich ist ein Außenfilter ohne Inhalt dran, der ein wenig

    zur Wassserbewegung beiträgt.

    Und auch bei den Pflanzen ist nicht alles "Natur pur"...

    ...ich entferne einmal wöchentlich einige Hände voll Salvinia von

    der Oberfläche, manchmal auch wird der Ceratopteris verkleinert.

    Wasser wird ausschließlich Regenwasser (solange vorhanden) oder

    Osmosewasser nachgefüllt.

    Im Becken liegt immer Laub, das langsam in seine Bestandteile

    zerfällt, und von dem ich immer wieder mal eine Hand voll

    "nachwerfe".

    Da mein Beckenwasser extrem weich ist (Leitwert weit unter 100 mS),

    haben Schnecken Probleme, will heißen, es gibt welche (vor allem

    PHS), aber sie werden nicht sehr groß (Dm ca. 5mm), dann gehen sie ein

    (Kalkmangel vermutlich).Evtl. sind noch wenige TDS im Sandboden

    unterwegs...

    Es gibt natürlich ein bischen Mulm, und weil ich das Regenwasser vor

    der Verwendung über Torf stehen lasse, ist das Beckenwasser leicht

    bräunlich, aber der Effekt ist von mir erwünscht.

    So, und nun zu den (aus meiner Sicht) entscheidenden Punkten:

    Nein, ich habe in den letzten zwei Jahren keinen (null, nada!)

    Wasserwechsel durchgeführt.Aber...

    Der Fischbestand ist von ursprünglich neun Dicrossus filamentosus

    auf vier (1/3) verkleinert worden, außerdem leben in dem Becken

    (brutto 500 Liter) seit Kurzem noch zwei halbwüchsige Blattfische.

    Und das ist -glaube ich- ein entscheidender Faktor für meine Art, ein

    "naturnahes/Altwasser"- Aquarium zu betreiben: Die Bestandsdichte...

  • Moin, die Vorstellung, dass sich ohne Wasserwechsel die Ausscheidungen der Fische konzentrieren, stimmt so nicht. Versuche haben gezeigt, dass sie in gut eingefahrenen Becken nur bis zu einem bestimmten Wert ansteigen, der für die Bewohner nicht gefährlich ist, und dann konstant bleiben. Was ja auch logisch ist, weil Bakterien und andere Mikroorganismen diese Stoffe entsprechend umwandeln. In einem bepflanzten Becken dürften sich auch Mineralien nicht anreichern, da die Pflanzen diese verbrauchen.

    Früher gab es im Grunde nur Altwasserbecken, das hat auch gut funktioniert.

    Man kann sicher nicht jede Art in diesen Becken halten, und einen extremen Übersatz würde ich da auch nicht empfehlen. Es gibt aber auch Arten, die sich eher in Altwasser wohlfühlen.

    Gruß

    Andreas

  • Moin, die Vorstellung, dass sich ohne Wasserwechsel die Ausscheidungen der Fische konzentrieren, stimmt so nicht.

    Wenn die Ausscheidungsprodukte der Fische von den Pflanzen auch adäquat verarbeitet werden können, kommt das der Wahrheit sicherlich nahe.
    Das dürfte jedoch eher ein seltener Fall sein!;)

  • ...und wenn im nachgefülllten Wasser mit hoher GH viel Calcium enthalten ist, dann können die Pflanzen das irgendwann nicht mehr verwerten und es summiert sich (unter anderem).


    Altwasser kann sicher funktionieren, aber man sollte schon wissen, was man tut. Einfach nur kein Wasser mehr wechseln, nicht messen und Augen (und Nase) zu und durch - halte ich für den falschen Ansatz.

  • Altwasser bedeutet ja nicht, im Becken gar nichts mehr zu machen. Es ist auch nicht verboten, das Wasser zu testen, warum auch. Auch in Altwasserbecken wird nach Bedarf Wasser gewechselt, das hängt eben vom Besatz, von der Bepflanzung, den Wasserwerten, etc ab. Aber das System bricht nicht gleich zusammen, weil eine Zeitlang kein Wasser gewechselt wird. Wenn das passiert, stimmt in dem Becken etwas nicht.

    In erster Linie geht es um das Wohlbefinden der Tiere. Wie das erreicht wird, dazu gibt es unterschiedliche Wege.

  • Vom Meerwasser kenne ich den Ansatz auch überhaupt nicht Wasser zu wechseln, nur bestimmte Mineralien und Co hinzuzugeben.


    Meine Aquarien mutieren manchmal zu - naja... Keine richtigen - Altwasser Becken, wenn ich einfach eins mehrfach vergesse oder nicht zum wechseln komme.

    Gerade im Winter kommen bei mir manchmal 2 oder 3 Monate zusammen, weil ich dann doch auf frisches Regenwasser warten mag und dann gerät es wieder in Vergessenheit usw.


    Bei Kundenaquarien standen zu Coronazeiten auch einige mal zwei bis drei Monate ohne Wasserwechsel und Pflege.

    Passiert ist gar nichts, außer dass alles verkrautet ist.

    Allerdings habe ich in allen Becken (wenn ich nicht gerade wegen Jungfischen unvernünftig viel Futter rein schmeiße) kein nachweisbares Nitrat. Ich gehe also davon aus, dass das Gleichgewicht zwischen Bepflanzung und Besatz/Fütterung passt.


    Altwasser per se und auch das ganz oben beschriebene Vorgehen wäre aber für mich nicht die Definition von naturnaher Aquaristik.

    Mir kommen da automatisch Biotop-Aquarien in den Kopf, wo eben ein in der Realität vorkommendes Bild gestaltet wird mit dementsprechenden (geringen) Besatz. Tatsächlich impliziert die Titelwahl für mich auch den Verzicht auf Allerlei Mittelchen (wobei ich jetzt nach Betrachtungsweise, das verwenden von Dünger nicht unnatürlich finde; Algenmittel dafür in jedem Fall) und Verwendung von Frischfutter (lebend oder Grünzeug).


    Schlussendlich wird das notwendige Maß an Pflege und eingreifen immer viel von der jeweiligen Situation abhängen.