Schmerlenartige (Cobitoidea)

Schmerlenartige (Cobitoidea), meistens nur Schmerlen genannt, sind am Boden lebende Süßwasserfische und gehören zu den artenreichsten Fischgruppen. Aktuell gibt es 1249 anerkannte Arten in über 100 Gattungen, die in 10 Familien aufgeteilt sind. Die Familie der Flossensauger (Gastromyzontidae) z.B. wurde durch Kottelat erst 2012 reaktiviert. Strittig ist nach wie vor noch die Familie der Saugkarpfen (Catostomidae), mit der wohl bekanntesten Art, der bis zu 60 cm groß werdenden Fledermausschmerle auch Wimpelkarpfen (Myxocyprinus asiaticus) aus dem Jangtsekiang in China.


Schmerlenartige umfassen folgende Familien:


- Saugschmerlen (Gyrinocheilidae) 3 Arten


- Prachtschmerlen (Botiidae) in 8 Gattungen und 2 Tribus


- Langflossenschmerlen (Vaillantellidae) 3 Arten


- Steinbeißer (Cobitidae) in 23 Gattungen


- Plattschmerlen (Balitoridae) in 16 Gattungen


- Flossensauger (Gastromyzontidae) in 19 Gattungen


- Bachschmerlen (Nemacheilidae) in 52 Gattungen


- Barbuccidae (2 Arten)


- Ellopostomatidae (2 Arten)


- Serpenticobitidae (3 Arten)


Familie Nemacheilidae: Zodiac Schmerle (Mesonoemacheilus triangularis) Wildfang aus Süd-Indien aus den Western Ghats


Schmerlen weisen eine große Vielfalt an Formen (Morphologien) auf, was es schwierig macht, die Gruppe als Ganzes anhand äußerer Merkmale zu charakterisieren. Ihre Größe reicht von ca. 3 cm bei der türkischen Batman-Flussschmerle (Paraschistura chrysicristinae) bis zur 50 cm großen Kaiser-Prachtschmerle (Leptobotia elongata) mit einem Gewicht von bis zu 3 kg. Viele Schmerlen sind klein, schmal und länglich, mit extrem kleinen Schuppen, die oft unter der Haut eingebettet sind. Sie haben drei oder mehr Paar Barteln am Mund. Schmerlen in den Familien Botiidae, Serpenticobitidae und Cobitidae besitzen einen einziehbaren Stachel unterhalb des Auges, mit Ausnahme der Gattung Acantopsis, wo sich dieser zwischen dem Auge und der Maulspitze befindet. Viele der farbenfroheren Arten sind bei Süßwasser-Aquarianern sehr beliebt, daher sind sie im Aquarienhandel heutzutage unverzichtbar. Einige Echte Schmerlen sind in ostasiatischen Ländern, wie Japan, als Speisefisch weit verbreitet. Schmerlen sind eine spannende Alternative zu Welsen für den Boden, besonders wenn Sie im Gegensatz zu den nachtaktiven Welsen tagsüber aktiv sind.



Familie Nemacheilidae: Unsere heimische Bachschmerle (Barbatula barbatula)


Natürlicher Lebensraum

Schmerlen kommen in verschiedenen Lebensräumen in ganz Südost- und Zentralasien, Europa und in Nordafrika vor.

Aber es gibt auch Meldungen, dass z.B. Schlammpeitzger in Nordamerika und Australien eingeführt wurden. Die meisten Arten leben überwiegend in felsigen Bergbächen in hohen Lagen. Jedoch gibt es auch verschiedene Arten im Flachland. Ein Großteil der Schmerlen-Arten gräbt sich in den Gewässerboden ein. Mindestens drei Familien enthalten blinde, also troglophile Arten, die an das Leben in Höhlen angepasst sind.


Familie Balitoridae: Zollingers Sattelfleckschmerle (Balitoropsis zollingeri). Sie kommt in Süd-Thailand, sowie auf Borneo und Sumatra vor.


Verhalten

Die meisten Schmerlen sind relativ friedlich und aufgrund ihrer sanften Art ideal für das Gesellschaftsaquarium geeignet. Einige Schmerlen sind jedoch bekannt für ihre Aggression gegenüber anderen Individuen und anderen Beckenbewohnern. Diese Aggression zeigt sich meistens durch Beißen. Zu den dafür bekannten Arten gehören die meisten Mitglieder der Gattung Yasuhikotakia und alle Mitglieder der Gattung Syncrossus.

Wenn man sich für diese Schmerlen entscheidet, ist es ratsam, entweder ein Artbecken zu haben, oder es muss darauf geachtet werden, dass Sie nur mit robusten Fischen vergesellschaftet werden. Schmerlen sollten in kleinen Trupps von drei oder mehr Tieren gehalten werden, da sie in freier Wildbahn auch natürliche Gruppen bilden.


Familie Gyrinocheilidae: Siamesische Saugschmerle (Gyrinocheilus aymonieri). Auch sie kann eine Gesamtlänge von über 20 cm erreichen, bei Aquarienhaltung meistens nur bis 15 cm TL.


Im Aquarium

Die meisten Schmerlen sind relativ einfach zu pflegen und benötigen neutrales bis leicht saures Wasser, das etwas kühl ist, da viele Arten relativ schnell fließende Flüsse bewohnen. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, wo einige Arten kurzzeitig bis 30 °C problemlos überstehen können. Extreme pH-Werte, Gesamthärte, Karbonathärte usw. sollten vermieden werden. Schmerlen suchen im Substrat nach Nahrung. Daher sollte der Bodengrund des Aquariums aus feinem Sand oder gerundeten Kies bestehen. Spielplatzsand z.B. wäre ideal.

Wie viele am Boden lebende Fische verstecken sich Schmerlen, wenn sie inaktiv sind. Daher sollten im Schmerlenbecken viele Verstecke aus großen, glatten Steinen oder Wurzeln vorhanden sein. Schmerlen können auch Wasserpflanzen entwurzeln. Bewährt haben sich hier Aufsitzerpflanzen wie Javafarn, die einfach auf Wurzeln oder Steine aufgebunden oder aufgeklebt werden.

Da sie im Allgemeinen in sauerstoffreichen Umgebungen leben, sind die meisten Schmerlen besonders empfindlich gegenüber höheren Wassertemperaturen und einem Rückgang des gelösten Sauerstoffs und anfällig für sich verschlechternde Bedingungen. Schmerlen gelten als nicht leicht zu züchten, aber es gab in den letzten Jahren Zuchterfolge bei einigen Vertretern der Bachschmerlen (Nemacheilidae) und Flossensaugern (Gastromyzontidae).

Reichlich Lebend- oder Frostfutter wird immer geschätzt. Dies wird dazu beitragen, das Laichen zu fördern. Viele Schmerlenarten werden normalerweise erst im Alter von etwa zwei Jahren geschlechtsreif. Erwachsene Fische fressen die Eier und die Jungfische, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Daher ist es ratsam, entweder die Elterntiere oder die gelegten Eier zu separieren.


Familie Gastromyzontidae: Sewellia sp. SEW04 Wildfang. Diese Art ist noch unbeschrieben und trägt deshalb den Codenamen SEW04. Sie kommt in Zentralvietnam in der Provinz Hue vor.


Fütterung

Schmerlen sind Allesfresser, ständig hungrig und keine Menge Futter wird sie jemals davon abhalten, mehr zu wollen.

Sie ernähren sich auf allen Ebenen des Beckens – manche fressen von oben, manche von unten, manche stehlen sogar aus dem Maul anderer Fische. Eine abwechslungsreiche Ernährung ist wichtig, um die Fische in guter Verfassung zu halten, da dies sicherstellt, dass sie alle notwendigen Vitamine, Kohlenhydrate, Fette und Proteine erhalten, die für eine anhaltend gute Gesundheit und ein anhaltendes Wachstum erforderlich sind. Gerne nehmen sie lebendes, gefrorenes und hochwertiges Trockenfutter an. Viele Aquarianer ziehen es vor, ihre eigenen gezüchteten Kulturen von Wasserflöhen, Artemia, Grindelwürmern, Essigälchen, und Mikrowürmern zu verfüttern. Nicht nur das, Schmerlen brauchen auch etwas Gemüse in ihrer Ernährung. Lebensmittel, die Schmerlen besonders zu schmecken scheinen, sind Gurke, Zucchini, Kürbis, Rosenkohl, Salat und Erbsen. Pflanzen und Algen bilden auch einen wichtigen Bestandteil einer Schmerlendiät. Viele Schmerlen-Arten nehmen auch blanchiertes Gemüse und Gurken, sowie spezielle Spirulina-Tabs.

Obwohl Schmerlen im Handel gerne als Schneckenfresser verkauft werden, sollten sie nicht nur als „Schneckenkiller“ gekauft werden, da viele schneckenfressende Schmerlen dazu neigen, aggressiv zu sein. Die Schmerlen der Gattung Botia jagt natürlich Schnecken, da sie angepasste Münder entwickelt haben, um in die Schale zu gelangen und die Innereien zu fressen.


Familie Cobitidae:

Geflecktes Dornauge (Pangio kuhlii). Zu der Familie der Cobitidae zählen auch die Steinbeißer, die mit ca. 80 Arten vertreten sind.


In eigener Sache:

Wir neigen dazu, unsere Fische zu viel zu füttern. Die meisten Aquarianer tun es. Die Fische kommen an die Scheibe und betteln förmlich um mehr. Wer kann der Versuchung widerstehen? Sind keine Jungfische vorhanden, ist es besser, einmal pro Woche, oder sogar zweimal pro Woche einen Fastentag einzuführen. Es wird den Schmerlen keinen Schaden zufügen, denn in der freien Natur erwartet kein Fisch tägliche Fütterungen. Ein ausgereiftes Aquarium enthält Mikroelemente, insbesondere Algen, die durchsucht werden können, wenn der Fisch wirklich Hunger hat.


Siamesische Saugschmerle (Gyrinocheilus aymonieri). Auffallend ist das sehr große unterständige Saugmaul.


Informativ

2012 brachte der Schweizer Maurice Kottelat eine 200seitige Bestandsaufnahme aller Schmerlen der Welt heraus.

Diese Checkliste präsentiert lediglich das, was heute bekannt ist. Viele Entdeckungen stehen noch bevor. Die Arbeit an dieser Checkliste begann ungefähr 1980.

Diese Bestandsaufnahme befasst sich mit Taxonomie und Nomenklatur. Diese Zwei Themen sind eng miteinander verbunden und sollten nicht verwechselt werden.

Bei der Taxonomie geht es um die Tierarten und untersucht ihre Unterscheidbarkeit und bei der Nomenklatur geht es nur um die Namen von Tieren.


Zu den am häufigsten im Handel erhältlichen Schmerlen zählen die Siamesischen Saugschmerlen (Gyrinocheilus aymonieri), Prachtschmerlen (Chromobotia macracanta), Netzschmerlen (Botia almorhae), Gefleckte Dornaugen (Pangio kuhlii), und Linierte Prachtflossensauger (Sewellia lineolata).


Die wichtigsten wissenschaftlichen Neubezeichnungen bei den Schmerlen.

Prachtschmerle: neu Chromobotia macracanthus ; alt Botia macracanthus

Schachbrettschmerle: neu Ambastaia sidthimunki ; alt Botia sidthimunki, Yasuhikotakia sidthimunki

Die Gattung der Dornaugen: neu Pangio ; alt Acanthophthalmus


Text, Fotos und Fotomontage Titelbild: Sewellia