Mein Anfang in der Meeresaquaristik

  • Update:

    Heute war Messtag. Magnesium und Calcium sind viel zu niedrig. Ich habe angefangen Magnesium in kleinen Schüben zuzugeben, Calcium werde ich dann morgen entsprechend anpassen. Hier muss ich vorsichtig zu Werke gehen, denn die Karbonathärte liegt momentan zwischen 8 und 9. Ärgerlich ist es, wenn der Salzverkäufer 1200 mg Mg garantiert und nur 990 mg schafft. Und ich wundere mich, wenn die Gorgonien schwächeln.

    Da die Grünalgen sich weiter ausbreiten, habe ich auch den Besatz angepasst. Einsiedlerkrebse und Turbanschnecken kamen heute hinzu. Ich habe sie direkt auf dem Riffüberhang platziert aber die Tiere sind erst mal aus dem Licht gekrochen. Wer denkt das sind langsame Tiere, wird erstaunt sein, wie schnell die sich bewegen können- sofern sie es wollen.

    Vielleicht sollte ich einen Zettel ans Aquarium machen, dass sie sofort die Algen fressen dürfen? Oder die machen es heimlich in der Nacht... Da heute Samstag ist und ich länger aufbleiben darf, werde ich mich mit der Taschenlampe auf der Lauer legen. Ach ja einen kleinen Schwamm habe ich entdeckt, aber fragt mich nicht nach der Art, da muss ich erst mal schauen. Er ist orange und etwa 2 cm groß. Ich will hoffen, er überlebt im Aquarium. Notfalls kann ich ihn rausnehmen und separat füttern. Das würde ja gut ins Karibikaquarium passen.

    Beim Kleinstgetier habe ich kleine Gammariden entdeckt. Solange keine Fische im Aquarium sind, kann man sie sogar tagsüber auf dem Gestein entdecken. Das Mikroplankton was ich füttere, fördert die Entwicklung stark. Das ist o.K.

    Bis demnächst.

    LG Dietmar

  • Hallo Falk,

    Chemielabor ist übertrieben. Immerhin sind das Hauptelemente im Seesalz und die sollten schon einigermaßen stimmen. Den Hersteller schreibe ich auf jeden Fall an und frage nach der Chargennummer und wie sie das Problem aus der Welt schaffen. Eigentlich sollte man das, was man zusätzlich einbringen muss in Rechnung stellen. Sind ja locker mal 30 Euro + der Messreagenzien, die auch kein Schnäppchen sind. Mir tun die Tiere leid, die ich dadurch verliere. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn viele von Seewasser Aquaristik zurückschrecken.

    Anfangs hatte ich überlegt, ob der Test vielleicht nicht genau ist. Aber nachdem ich Calcium bestimmt habe und bei 340 anstatt 440 gelandet bin schließe ich das aus. Bei solchen Sachen kann man sich nie sicher sein, wenn keine Referenzen verfügbar sind. (Als Hinweis, dieser Ca Gehalt ist in der Ostsee an der Insel Poel üblich).

    Geduld ist mein zweiter Vorname. Eigentlich ist Finger raus halten das beste was man am Anfang machen kann aber so bestand Handlungsbedarf. Morgen schaue ich, inwieweit die Maßnahmen greifen oder weiter manipuliert werden muss.

    LG Dietmar

  • Update:

    So jetzt sind die Parameter in einem wesentlich besseren Bereich. Magnesium 1230 mg; Ca ist noch etwas niedrig bei 380 mg, da gebe ich die nächsten Tage Biokalzium zu. Aber ohne Magnesium anzuheben würde das nicht funktionieren. Magnesium darf bis 1300 mg steigen; das macht dann der Wasserwechsel, dem ich die entsprechenden Komponenten beigefügt habe. Die kH beträgt 8-8,5. Das ist auch o.K., solange das nicht über 9 steigt. Das wäre ein Parameter, den ich bis das Ca im Lot ist, im Auge behalten muss.

    Was lernen wir aus der Geschichte? Vertraue nie gedrucktem oder Statistiken, die man nicht selber fälscht. Oder Neueinsteigern sei geraten Anfangs die Hauptkomponenten des Salzes zu bestimmen um Korrekturen rechtzeitig einzuleiten. Zumindest wenn man neues Salz nimmt, sollte unbedingt eine Chargenrolle analysiert werden. Ich kann mich nicht entsinnen, in den ganzen Jahren zuvor solche Probleme mit dem Salz zu haben. Es ist soweit ich mich erkundigt habe, kein Einzelfall dass die Hauptkomponenten nicht stimmen. Bei Fischen sicher nicht so tragisch aber bei den Niederen und den höheren Algen schon.

    Übrigens ist mir gestern bewusst geworden, die ersten nicht sessilen Tiere eingesetzt zu haben. Das habe ich im ersten Moment gar nicht richtig gewürdigt.

    Wie gehts weiter? Wenn die Parameter ins Lot gekommen sind, erst mal die Finger aus dem Aquarium lassen. Kleinere Wasserwechsel ja und erst mal den Besatz beobachten, wie er sich anpasst. Die nächsten Tiere kommen dann Mitte Mai, es sollen in erster Linie wieder Gorgonien sein und eventuell auch die erste Steinkoralle. Porites kämen in Frage und Hirnkorallen. Na mal schauen.

    Leider musste ich feststellen, dass ich wieder mal nicht von Turbellarien verschont bleiben werde. Die sitzen vorwiegend in den Krustenanemonen. Solch ungebetene Gäste muss man lernen zu ignorieren und das wird keine leichte Auseinandersetzung.

    Naja, so gehts eben zu in der Meeresaquaristik.

    LG Dietmar

  • Hallo Falk,

    ich muss mich erst mal mit den Methoden des Süsswassers vertraut machen. Im Seewasser mache ich das so, dass, wenn ich solches Getier auf Korallen erkennen kann, ein Jodbad in höherer Dosis kurze Zeit anwende. Dann fallen die Turbellarien in eine Schockstarre und man kann sie leicht abschütteln oder abspülen. Es ist keine 100% Methode; oft wird dann versucht den Invasoren mit Fressfeinden zu begegnen. Das effektivste in meinem Fall wäre eine hübsche Nacktschnecke aber das sind Nahrungsspezialisten - und somit Todeskandidaten im Aquarium. Aus Erfahrung weiss ich aber auch, dass man solche Probleme auch aussitzen kann. Es dauert nur sehr lange oder die chemische Keule mit unberechenbaren Nebenwirkungen als dritte Methode. Ich neige zur zweiten... schon weil ich stur genug bin.

    LG Dietmar

  • Hallo Dietmar...


    Ich bevorzuge ebenfalls die Aussitzmethode... ;)

    Das ist besser fürs Herz...


    Bei mir in den Süßwasserbecken hatte ich ein einziges Mal eine Planarieninvasion! Da hatte ich ein 80er Becken, nur mit den kleinen Welsen besetzt, den Hara hara's. Die sind leider strunzendoof und ganz schlechte Fresser. Musste das ganze Becken mit Tubifex und Mückenlarven vollpacken, dass mir die Welse nicht verhungern. Die brauchen gefühlt eine Stunde, um einen Wurm zu finden! Schwimmen davor gut 20 mal dran vorbei...

    Das war natürlich ein gefundenes Fressen für die Planarien! Leider haben die dann irgendwann auch nicht mehr vor den tagsüber ruhenden Welsen haltgemacht...


    Bekämpft hab ich dieses eine Mal mit dem Tier-Wurmmittel "Flubenol".


    Ansonsten sind bei den vernünftig laufenden Aquarien Planarien kein Problem. Sie sind da, definitiv! Denn wenn ich den Außenfilter reinige, sind ein paar wenige im Mulm zu finden. Und manchmal, wenn ich mit der Lupe die Kleinstlebewesen im Becken beobachte, was ich zugegeben sehr interessant finde, dann kann ich auch mal eine Planarie entdecken.

    Aber die gehören für mich genauso in ein gesundes gut laufendes Becken wie Cyclops, Pantoffeltierchen, Schnecken und sonstiges.

    Wer z.b. soll denn sonst die sterbenden Schnecken fressen, denen von den Kugelfischen der Kopf abgebissen wurde...???

    Es herrscht ein Gleichgewicht, wenn man weiß, wie. Zuviel Futter begünstigt die Planarien, und das ist nicht gut.

    Bekämpfe ich nun die paar Planarien mit Chemie, weil ich denke, die sind schlecht, dann fehlt dann möglicherweise auch wieder ein Glied in der Kette. Und wenn man Pech hat, hat das Auswirkungen auf andere Parameter im Becken. Vielleicht begünstigt das dann Krankheitserreger, die dann die Fische anfallen können . . .


    Ein weiteres Beispiel für "einfach Aussitzen" sind die Hydras in meinen Becken...

    Vor einiger Zeit waren sie plötzlich da! Das fing an, als ich die überzähligen Microwürmer verfüttert habe. Die Ansätze wollen ja gepflegt werden, ob man nun Fischnachwuchs hat, oder nicht. Also ab ins Becken mit dem guten Futter!!!

    Na..., da freuen sich doch die Nesseltierchen...!!!

    Und vermehren sich wie die Karnickel!

    Doch hört man dann wieder auf, so reichlich Kleinstfutter zu füttern, dann verschwinden auch die Hydras wieder. Wenn auch nicht ganz. Ein paar Einzelne, ganz Schlaue, fangen sich dann einfach Tubifexe und Mückenlarven ein. Und halten sich dadurch standhaft weiterhin im Becken...

    Bis jetzt hab ich aber noch nie ein Fischlein in den Nesselarmen gesehen. Von daher störe ich mich auch nicht mehr an die Anwesenheit der kleinen Brennesseln...


    Lg

    manu

  • Hallo Manu,

    eigentlich ist man hin- und hergerissen zwischen der Empfindung eines Ärgernisses und dem Wissen, dass es etwas natürliches ist. Im Aquarium werden wir nie solch ein Gleichgewicht haben, wie wir es in der Natur beobachten und die Populationen sich nicht unbegrenzt vermehren können. Und selbst das natürliche Gleichgewicht ist eher labil.

    Es ist spannend zu beobachten und im Moment macht das Aquarium eine sehr "stürmische" Entwicklung durch. Ich habe zudem heute einige Algenstücke von einem Freund bekommen, die der Porphyra Alge ähneln. Eine sehr attraktive rote Alge muss ich sagen. Nur fürchte ich dass in meinem Aquarium die Temperaturen doch zu hoch sind obwohl ich mich am unteren Level der Temperatur eines tropischen Aquariums zu bewegen versuche.

    Die Turbellarien sind von der Nahrungsaufnahme schwierig zu beurteilen. Sicher wird es Räuber geben, doch das Beuteschema wird sich auf Protozoen und Bakterien beschränken. Oft wird publiziert, dass sie sich von Algen ernähren aber das konnte ich nie bestätigen. In den Algen finden sie gute Bedingungen um sich zu vermehren und deshalb versuche ich solche Sachen im Zaum zu behalten. Das chemische Mittel im Seewasser Aquarium ist in der Regel Concurat. Es ist nicht unumstritten, denn die toten Tiere sind nicht so einfach zu entfernen und können das Wasser vergiften. Es gibt noch einige Fische die solche Organismen fressen. Das sollte man dann auf einen Zettel schreiben und ans Aquarium kleben damit die wissen warum sie in dem Behälter sind.

    Aber danke, dass Ihr mir Mut macht! Es wird schon werden.

    LG Dietmar

  • So ein neues Update:

    Endlich sind die Werte der Wasserchemie im akzeptablen Bereich. Magnesium 1330, Ca 440, kH9. Letzteres ist im Moment ein wenig hoch aber das wird sich ändern, wenn mehr Tiere drin sind und der Stoffwechsel höhere Raten hat. Im Moment ist es ja noch ziemlich leer.

    Wie schaut bei den Gorgonien aus? Nun, der Verfall ist gestoppt! Viel gibt es ja nicht mehr zu stoppen... Aber ich habe Hoffnung aus den Resten neue Korallen hochzubekommen. Die Korallenäste werden abgeschnitten, das tote Gewebe dient als Gerüst wenn die Koralle neu fixiert wird. Das mache ich mit Zweikomponentenkleber. (Das Produkt der Firma mit der Eule benutze ich). Das ist eine Knetmasse, die sich bei der Bearbeitung aktiviert. Da kommen die Gerüste rein und das ganze wird dann in die Ritzen der Dekoration gedrückt. Das härtet relativ schnell aus und wird von Gewebe überwachsen. Kann man auch mit Steinkorallen machen aber da bin ich der Meinung, dass es besser ist, wenn man nur ein kleines Fragment auf der Dekoration fixiert als eine größere Koralle. Die wackeln nämlich ganz schön bei der Strömung und man bekommt sie nie so richtig fest. Anders bei kleinen Fragmenten, weil da in den Korallenspitzen das Überwachsen sehr viel schneller vor sich geht und man erhält eine recht große Basalplatte. Sekundenkleber könnte man dafür auch benutzen aber so richtig fest wird es nie.

    Leider hat sich eine der grünen Krustenanemonen in nichts aufgelöst. Dafür habe ich einen kleinen Schwamm entdeckt, an dessen Fuß sich grüne Krusten befinden, die sind schön offen. Das könnte was werden.

    Die Rotalgen zeigen kein schnelles Wachstum aber das habe ich auch nicht erwartet. Hier muss man Geduld haben. Eine kleine Röhrenkorallenkolonie hat sich neben der pumpenden Xenia etabliert und ganz langsam wächst sie. Sie hat derzeit eine Größe von einer Euromünze.

    Das Gestein hat einen leichten Grünstich von einer Grünalge, die aber nicht in die Höhe wächst und keine Thalli bildet, so dass es noch akzeptabel ausschaut. Es ist aber auch kein Moos- ich habe derzeit keine Ahnung was das ist. Nun habe ich Algen fressende Schnecken eingesetzt und die weiden den ganzen Tag die Algen. Aber nicht bis auf die Dekoration so dass eine zusammenhängende Fläche Grün erhalten bleibt. Besonders am Riffüberhang, der aus dem Wasser ragt, ist das der Fall aber das ist ok und auch beabsichtigt. Auch wenn es schwer fällt, halte ich die Finger vorerst aus dem Aquarium, außer dass ich die Gorgonien behandele. Aber das drängt nicht und ist eine Arbeit fürs kommende Wochenende.

    LG Dietmar

  • Hier ein Update:

    Die Wasserchemie zeigt es an, dass Leben im Aquarium verändert sich. Innerhalb 14 Tagen ist die Karbonathärte auf kH 7 gefallen, Calcium beträgt 440mg, das ist im Soll und der Magnesiumanteil ist auf 1230mg gefallen. Das Korallen hier nicht als "Verbraucher" nicht so stark in Frage kommen, sehe ich den Grund im stärker werdenden Stoffwechsel durch die Kleinstlebewelt. Und in der Tat haben sich hier Unmengen an Gammariden entwickelt. An den Scheiben tummeln sich große Mengen an harpactiden Copepoden (und nicht nur da) sowie eine kleine Art an sessilen Medusen. Die Population der Strudelwürmer ist so gering, dass sie kaum in Erscheinung tritt. Bei den Algen kommt jetzt eine Kalkalge auf, die sich auf dem Gestein etabliert. Sie ist sicher der Verbraucher an Magnesium. Es sind derzeit Unmengen an Siedlungspunkten mit einem Durchmesser von etwa 5 mm mit einer rosa Färbung. Diese Algen sind erwünscht und die Entwicklung fördere ich so, dass ich Biokalzium und Magnesiumchlorid beim täglichen Teilwasserwechsel zugebe (im Wechselwasser gelöst). Nitrat und Phosphat messen macht derzeit wenig Sinn; die zugegebenen Futtermengen sind viel zu gering um sich in einen messbaren Bereich niederzuschlagen. Der Abschäumer ist derzeit auch nicht in Betrieb- könnte sicher etwas austragen, da sich täglich eine Kahmhaut bildet, die ich mit dem Wasserwechsel abziehe. Nächste Woche kommt wieder Besatz an niederen Tieren dazu, mal schauen was der Händler beschaffen konnte.

    Noch was zum Bodengrund. Ich benutze eine Körnung von 0,5-1mm karibischen Korallensand. Der macht das Wasser zwei Tage trübe wenn man den in das Aquarium einbringt, da sich natürlich viel feinere Bestandteile mit darin befinden. Wenn sich Säuren durch den Nitratstoffwechsel bilden, löst sich der Sand mit der Zeit auf und muss regelmäßig ersetzt werden. Durch die starke Wasserbewegung ist die Oberfläche ständig in Bewegung, so dass sich keine Algen auf dem Sand etablieren und so ist der Bodengrund sehr hell. Es entstehen kleine Wanderdünen und Sandwirbel aber ohne Ablagerungen auf dem Teil der für Korallen vorgesehen ist... Kein Problem, da ich den Aufbau der Dekoration für eine Ringströmung konzipiert hatte, so bedarf es nur wenig Manipulation meinerseits. Der helle Bodengrund reflektiert das Licht nach oben und verringert die Probleme, die durch das Abschatten der Korallen entstehen. Anders als an dem Korallenbruch, der sich nicht bewegt, hier siedeln sich Algen an und Kleinstgetier findet sein sicheres Substrat. Es ist daher stark besiedelt und wird den Start des Fischbesatzes erleichtern. Sie finden einige Zeit ausreichend Lebendfutter bis sie sich an die Fütterung gewöhnen. Das ist im Seewasseraquarium mit seinen an Substrate bezogene Tiergesellschaft sehr schwierig, wenn man Tiere nachsetzen möchte. Doch das ist im Moment noch Zukunftsmusik, die Fische würden die Entwicklung des Aquarium derzeit ungünstig beeinflussen. Ein Fehler der durch Ungeduld allzuoft begangen wird!

    Also die nächsten Schritte sind der Besatz mit weiteren niederen Tieren, die eine Symbiose mit Algen betreiben. Also Gorgonien, Weichkorallen, Steinkorallen sowie höhere Algen.

    LG Dietmar

  • :respekt2:

    Hey Dietmar, diese Akribie, mit der du das betreibst, könnt ich - glaub ich jedenfalls -

    in meinem "höheren" Lebensalter nicht mehr aufbringen, obwohl, die Zeit wäre eventuell da...


    Dass man soviel einzelne Dinge zu beachten hat, um am Ende was Vernünftiges zu erreichen,

    grenzt ja schon fast an Forschungsarbeit...

    Und vor allem natürlich das Wissen, dass man dazu vorher haben sollte...

    Bin mir nicht so sicher, das 50% der salzigen Zunft anfangs gewusst haben,

    worauf sie sich da einlassen wollen!


    Es macht jedenfalls immer wieder Freude , darüber zu lesen, wie du das Ganze angehst,

    meine Hochachtung hast du .... !

  • Hallo Bernd,

    nach wie vor bin ich der Meinung ein Seewasseraquarium zu betreiben ist einfacher als ein Süsswasseraquarium mit seine bisweilen hoch spezialisierten Organismen. Im Seewasser hat man eine bestimmte Menge Salz und die Temperatur im Auge, dann ist eigentlich gut. Bringe einen "lebenden" Stein ein, mache Licht darüber und beobachte, wie sich das Leben regeneriert. Das klappt immer! Es genügt durchaus den technischen Aufwand auf diese drei wesentliche Punkte zu beschränken: Viel Licht, gute Wasserbewegung, Abschäumfilter.

    Im Süsswasser ist da wesentlich mehr Aufwand, das fängt bei den passenden Wasserparametern an, weiter zum passenden Besatz und der Dekoration. Das im Lot zu halten und zu stabilisieren ist sehr schwer. CO2, Düngung, Bodengrund, Filterung, Pflanzenwuchs erfordern viel mehr hantieren.

    Als Beispiel fällt mir ein, die Haltung meiner Zwergbarsche Nannacara und Papiliochromis. Jahrelang habe ich versucht die erfolgreich zur Vermehrung zu bringen. Die Tiere hatte ich dann beim Zoohändler verkauft und was soll ich sagen, die Viecher haben sich innerhalb einer Woche im Verkaufsbecken vermehrt wie die blöden. Warum das so war kann ich bis heute nicht beantworten.

    Bei meinem jetzigen Aquarium habe ich mich freilich sehr lange vorbereitet und einen bestimmten Besatz im Auge. Natürlich mit Herausforderungen, die ich gesucht habe. Der technische Aufwand sollte sich auf eine wöchentliche Überprüfung der wichtigsten Parameter beschränken und Wechselwasser in die Vorratstanks auffüllen. Also nichts, was einen unerfahrenen Pfleger überfordern würde. Leider entspricht letzteres noch nicht meinen Erwartungen und so bin ich derzeit eingeschränkt was den Besatz angeht.

    Ich bin nur etwas ausführlicher auf die Chemie eingegangen, da ich davon ausgehe, hier sind nur wenige Seewasseraquarianer. Eigentlich will ich ein wenig die Scheu vor diesem Metier nehmen und möglicherweise ist die Beschreibung hier im Fred auch nicht so der richtige Weg.

    Auf meiner Arbeitsstelle hatte jemand ein Seewasseraquarium eingerichtet unter wesentlich ungünstigeren Voraussetzungen als ich sie daheim habe. Und das waren wunderbare Aquarien, die viel beachtet wurden. Und wie wenig Aufwand damit betrieben wurde- die Zeit war gar nicht da für größere Pflegemaßnahmen.

    Um nochmal auf die Chemie zurückzukommen. Mir ist bekannt, dass die Chargen der Seesalze nicht das halten, was die Verpackung beschreibt. Ob Marke oder nicht spielt dabei keine Rolle. Daher hatte ich mir im Vorfeld die entsprechenden Reagenzien besorgt. Normalerweise mache ich da wenig Brimborium wenn die Charge oK ist. Dann gibts regelmäßig (Teil) Wasserwechsel und gut ist.

    Mache fangen an, Spurenelemente in Laboren prüfen zu lassen- bei jedem Wasserwechsel und Fütterung führt man eine Fülle dieser Elemente zu, so das man sich darum keine Sorgen machen muss. Das Geld was bei solchen Untersuchungen aufgewendet wird, ist in einem guten Seesalz besser investiert! Und Hand aufs Herz, wer kann Spurenelemente exakt dosieren? Die Mittelchen, die es da so gibt, machen nur Zoohändler reich... In der Natur gibt es durchaus nicht überall exakt das gleiche Angebot. Abgesehen davon in sehr viel niedrigerer Dosierung aber in dem Volumen was zur Verfügung steht, nie als Mangelware. Die Seesalze die wir verwenden, sind hinsichtlich der Spurenelemente vielfach überdosiert und leider bei den Hauptelementen - so wie bei mir - nicht richtig gemischt. Letzteres hat viel schwerwiegendere Konsequenzen auf das Leben im Aquarium.

    Das sind meine Erfahrungen, die ich in den vielen Jahren gemacht habe und da bin ich unerfahrenen Beginnen im Vorteil.

    LG Dietmar

  • Heute sind mir im Aquarium neue Tierchen aufgefallen, die sich ohne mein Zutun entwickeln. Besonderen Wert lege ich auf den Bodengrund, der bei mir aus Feinsand besteht. Sie haben eine enorm wichtige Rolle bei der Ausprägung und Stabilisierung des Milieus, kurz gesagt, sie sind gut. Es handelt sich um Würmer, die die Oberfläche nach Partikel absuchen und im Bodengrund durch Grabtätigkeit die Stagnation und Sauerstoffdefizite verhindern. Ihre Geschlechtsprodukte die sie regelmäßig in das Wasser abgeben, sind Futter für Korallen und Fische. Die Anforderungen an die Bedingungen des bewegten Sandbetts machen eine extreme Anpassung erforderlich, die durchaus skurrile Züge aufweist. Sie verkleben Sandkörner für Wohnröhren, sie bauen exponierte Standorte für die Nahrungsaufnahme und auch für Aktivitäten, die sich nicht auf den ersten Blick unserem Auge erschließen. Diese Fauna nennt man Psammon; in den letzten Jahren habe ich mich damit auseinandergesetzt um zu verstehen, was da abläuft. Dennoch ist das was im Aquarium passiert weit von dem entfernt, was man in der Natur in diesem Milieu finden kann.

    Nicht nur die Würmer sind interessant. So habe ich heute eine Scherenassel entdeckt, ebenfalls ein Sandbodenbewohner. Übrigens kann man diese Spezies an den Stränden bei ihrer Aktivität hören: Der Strand scheint zu knistern. Auf dem Foto präsentiert sie sich links oben an ihrem Gang, rechts oben sind die Ausscheidungsprodukte. Erstaunlich ist es, wie diese Röhren Gebilde stabil bleiben.

    Doch nicht nur erfreuliches für mich etabliert sich im Aquarium. Ich habe die ersten Glasrosen (Aiptasia, eine Anemonenart) entdeckt. Diese Zeugs ist einfach nicht aus dem Aquarium rauszuhalten.

    LG Dietmar

  • Ihre Geschlechtsprodukte die sie regelmäßig in das Wasser abgeben

    Das interessiert mich natürlich über alle Maßen...:crazy:, warum , weshalb , auf welche Weise, welche Regel, oder nur während derselben, *wer weiß*Fragen über Fragen, alle unbeantwortet*wer weiß*?

    Oder ist das etwa nur ein Auswuchs der Autokorrektur und sollte Stoffwechselprodukte heissen?

  • Hallo Falk,

    der Sand ist unbelebt und trocken, wenn er in das Aquarium kommt. Ich hatte den meinigen schon 5 Jahre zu liegen. Nein das Getier schleppt man sich mit dem ersten Besatz ein und es ist eine Frage der Zeit bis sich das in nennenswerter Zahl etabliert. In der Vergangenheit hat man sogenannte "Lebende Steine" eingesetzt. Das ist Material, was aus der Natur entnommen wird und durch eine große Zahl von Organismen besiedelt ist. Dieses Gestein wird feucht transportiert um die Organismen am Leben zu erhalten. Im Aquarium entwickelt sich aus den Resten neues Leben. In erster Linie in Form von Algen, kleine Korallenfragmenten, Würmern und allem möglichen Getier. Aber auch unerwünschte Organismen sind mehr oder weniger vertreten und man hat Probleme die dann aus dem Aquarium zu entfernen. Und Gammel ist leider auch nicht ausgeschlossen, da man nie weiß, wie die Materialien seit dem Zeitpunkt der Entnahme bis zum Händler behandelt wurden.

    Um den Problemen aus dem Weg zu gehen, habe ich mich entschlossen keine Lebende Steine einzusetzen. Der Feinsand, der bei mir zum Einsatz kommt, wird von vielen Aquarianern abgelehnt, da bei falschem Umgang mit diesem Material durchaus unangenehme Probleme entstehen. Die sind vermeidbar, wenn man weiss wie und sich im Vorfeld Gedanken macht, wie man Strömung und Dekoration in Einklang bringt. Das ist gar nicht so einfach- bei mir sind schon mal 2x3000 Liter Wasserbewegung / Stunde angesagt mit wechselnder Strömungsrichtung und Intensitäten. Ich könnte auch gröberes Material benutzen, was sich nicht so leicht verfrachtet aber das wird schnell von Algen besiedelt und das wiederum "verdunkelt" das Aquarium. Das ist unerwünscht weil heller Bodengrund das Licht auch nach oben reflektiert und den Korallen etwas mehr Licht zur Verfügung steht. Damit vermeidet man das kahl werden abgeschatteter Korallenäste. Der feine Sand den ich benutze lässt Sedimente und Detritus fast gar nicht einsinken und das wiederum vermeidet Stagnation im Bodengrund. Zusätzlich kann man sich grabende Tiere einsetzen und Wert auf die gute Besiedlung des Bodengrundes mit einer Kleinstlebewelt legen. Ich habe mit dieser Vorgehensweise in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht und nie Probleme mit schwarzen Stellen im Sand. Leider muss man das Sandbett regelmäßig wieder auffüllen, da durch Abbauprozesse sich der Sand langsam auflöst- und scheinbar verschwindet.

    Im Handel sind sogenannte Live Sand erhältlich. Das ist feuchter Sand mit Bakterien versetzt (da sind drei Bakterien drin und spielen Skat) und in der Vergangenheit gab es Zeiten, da konnte man tatsächlich belebten Sand erwerben. Da waren Muscheln, Schnecken, Würmer und viele weitere Organismen drin. Der Nachteil ist, dass es so teuer ist wegen dem aufwändigen Transport. Dabei würde eine Handvoll diesen Materials genügen, dem Aquarium den richtigen Anschub zu geben. Auch das ist eine Vorgehensweise, die ich praktiziere: Regelmäßig eine Handvoll Bodengrund von befreundeten Aquarianern tauschen um die biologische Vielfalt zu fördern.

    Wie stark der Bodengrund besiedelt wird macht ein Blick unter das Mikroskop deutlich. Dadrin wimmelt es an Getier! Beim Forentreffen hatte ich mir etwas Bodengrund von den Teilnehmern erbeten und da liegen Welten zwischen Süsswasser und Salzwasser!

    Das ist ein sehr spannendes Thema und durchaus mal einen Artikel wert.

    LG Dietmar

  • Hallo Bernd,

    nein die Korrektur hat mir keinen Streich gespielt. Die Gesellschaft im Bodengrund hat normalerweise keine Möglichkeiten sich so extrem für die sexuelle Vermehrung zu synchronisieren wie es die Korallen tun. Sie sind darum Dauerlaicher und die Geschlechtsprodukte werden oftmals ins freie Wasser abgegeben. Die Geschlechtsprodukte und die daraus entstehenden Larven sind Futter für alle möglichen Organismen. Einige machen nur eine kurze Entwicklungsphase bis zur Metamorphose durch, andere wiederum sind sehr lange pelagisch. Manchmal kann der Zeitpunkt einigermaßen gesteuert werden: mit der Manipulation von Licht, Temperatur, Strömung, bestimmten Nahrungsmitteln und auch mit mechanischen Reizen. Ich habe beobachtet, wie eine große Anzahl an Borstenwürmern in Algen hochgeklettert sind und fast gleichzeitig anfingen ihre Geschlechtsprodukte abzugeben. Solche Beobachtungen sind faszinierend und man fragt sich wie machen die das? Sind chemische Stoffe im Wasser oder hormonelle Substanzen die Ursache- ich weiss es nicht. Oder auch die Frage, wie finden halbsessile Tiere wie die im Bodengrund lebenden Würmer ihre Geschlechtspartner? Einerseits sicher durch eine hohe Anzahl auf einem Territorium, andererseits, muss erst mal eine Mindestanzahl an Tieren vorhanden sein. Woher wissen die Larven, wo sie sich niederlassen können und die besten Bedingungen herrschen. Denn es ist bekannt, dass sich Larven ihr Siedlungsgebiet selektieren können und sogar die Entwicklungszeit verzögern, wenn ungeeignete Substrate vorhanden sind. Aber wie das funktioniert ist nicht wirklich oder bei nur wenigen Organismen bekannt.

    LG Dietmar