Hi Matthias,
die Empfindung von Aggression unter Fischen, ist halt so ne unglaublich subjektive Sache. Wer bis jetzt nur Guppies hatte und dann auf Channa andrao umgestiegen ist, kann die schon als blutrünstig empfinden. Da ich mit Channa quinquefasciata (damals noch C. sp. "Five Stripe") in den Channaholismus startete (was ich KEINEM empfehlen würde!), waren meine Channa brunnea (damals noch C. sp. "Chocolate Bleheri") im Vergleich echt verdammt brav. Je nach Temperament und "Erzähltyp" des jeweiligen Besitzers, kann dann eben das eine oder andere Ergebnis dabei herauskommen.
Weiß man sich zu helfen und legt keinen Wert auf die Optik des Aquariums, kann man auch die aggressiveren Arten relativ gut händeln. Man muss sich eben auf das "Systhem Channa" einlassen. Dann kann es eben auch vorkommen, dass es heißt, diese und jene Art sei gar nicht so aggressiv, wie selbst erfahrene Channahalter sagen. Dazu kommt, dass Channa starke Individualisten sind und jedes Aquarium ist auch wieder anders. Wir beschäftigen uns halt mit einem biologischen und keinem digitalen Thema ...
Die C. brunnea sind erst mal wunderschön und gefallen mir persönlich besser, als die C. bleheri. Deswegen habe ich sie mir auch ausgesucht (auch wenn der Kopf bleheri-typisch eher mopsig aussieht). Ich habe die besten Erfahrungen mit einer von Vallisnerien zugewachsenen Wasseroberfläche gemacht. Die Tiere leben recht oberflächennah, hängen sich gerne in die Blätter und brauchen keinen Wasserstand über 30 cm (15 cm würden wohl auch schon reichen). Die C. brunnea sind sehr neugierig und keineswegs scheu. Ist man im Zimmer schwimmen sie quasi permanent an der Frontscheibe hin und her, schwimmen einem auch nach, wenn man am Becken vorbeigeht oder beobachen aufmerksam, wenn man im Aquarium daneben irgendetwas macht.
Das ganze Auf- und Abgeschwimme wurde mir mit der Zeit etwas lässtig und ging auch etwas zu Lasten des vom Pfleger nicht beeinflussten Verhaltens. Soll heißen: Ich brauchte immer etwas Geduld, bevor ich die Tiere wieder "normal" im Aquarium herumschwimmen sah. Da es aber auch einige Offenbrüter gibt (z. B. C. punctata - hatte ich auch vier Jahre lang und vermehrt), welche nicht so selbstbewusst sind (und ich daher eher Freund der Maulbrüter bin), nahm ich diese Angewohnheit der C. brunnea gerne in Kauf.
Zusammenfassung: C. brunnea ist ein kleiner, gut zu händelder Offenbrüter, welcher mindestens so neugierig wie verfressen ist und mit seinem Noenorange sowie seinem Wesen aus dem Aquarium herausschreit: "Hallo, hier bin ich!"
Choco_Bleheri_1804_58_bearbeitet_kl.JPG
90x60x40 (Wasserstand ca. 30) cm
Die Verfütterung von Warmblüterfleich halte ich auch für ausgemachten Blödsinn. Es mag ja sein, dass in der Natur die wirklich großen Arten (C. micropeltes, C. diplogramma usw.) durchaus auch kleine Nager und (Jung-) Vögel erbeuten, welche das Gewässer überqueren oder hineinfallen, aber die im Aquarium üblichen Arten haben damit nichts am Hut.
Und nun zum leideigen Thema Vergesellschaftung: Es mag ja sein, dass manche Halter es - aus welchen Gründen auch immer - geschafft haben, bestimmte Arten mit Channa zu vergesellschaften und das auch noch über längeren Zeitraum hinweg gut lief. Ich würde es keinem Aquarianer empfehlen zu probieren, der nicht schon ein paar Jahre Erfahrung mit Channa hat. Einem Channa-Einsteiger empfehle ich eine Jungfischgruppe einer kleineren, friedlicheren Art - ohne Vergesellschaftung und Schnickschnack drum herum. Einfach mal hineinfinden ins neue Hobby und die Fische kennen und lesen lernen. Ich persönlich würde keinen Channa mit etwas anderem als seinen Artgenossen vergesellschaften und lehne auch eine dauerhafte Einzelhaltung kategorisch ab. Die Einzelhaltung wird den Fischen nicht gerecht und "zahm" werden sie auch als Paar.
Zurück zur Vergesellschaftung ... Channa mit anderen Arten zu vergesellschaften ist das eine. Channa mit anderen Channa zusammen zu setzen etwas ganz anderes. Ich habe mal gelesen, dass es EINMAL funktioniert hat C. pleurophthalma mit C. lucius zu vergesellschaften. Die größeren Arten sieht man schon mal gemeinsam in einem Becken. Das sind aber meistens die ansonsten leeren "Monstertanks" in denen ein natürliches Verhalten sowieso nicht möglich ist und auch nicht auf eine Vermehrung spekuliert wird. Es geht nur darum, dass die Channa überleben und das tun sie hin und wieder auch in gemischten Gruppen. Ich nehme mal an, dass dir eine solche Haltungsform genau so wiederstrebt, wie mir und du deine Tiere in einem Aquarium halten möchtest, wie wir Europäer es uns eben so vorstellen.
Ich wüsste nicht, dass es jemand schon mal versucht, geschweige denn erfolgreich (über Jahre) praktiziert hat, zwei verschiedene Paare kleinerer Arten zu vergesellschaften. Ich glaube, dass das Aquarium selbst für die Kombi C. brunnea und C. andrao (von den Haltungsbedingungen her würde es ja gut passen), schon groß sein müsste (2 m), damit eine Chance bestünde, dass zwei Channa-Paare ihr Revier gründen könnten. Ich denke, dass der Aufwand den du dafür betreiben müsstest um ein Vielfaches und unverhältnismäßig größer wäre, wie wenn du einfach zwei 80er oder Meter-Becken hinstellst und einfach je ein Paar der gewünschten Art hältst. Angemessen große Artbecken haben eben den Vorteil, dass man (und die Fische) keine Kompromisse eingehen muss und schnell individuell reagieren kann. Ersatzbecken müssen bei einer Vergesellschaftung sowieso auch parat stehen, also warum es sich nicht gleich einfach machen?!
Es wird schon seinen Grund haben, warum auch Channahalter mit jahrelanger Erfahrung nicht von ihrem "Ein-Paar-pro-Becken-Systhem" abweichen. Wenn du Platz und Aquarien sparen willst, sind Channa keine Fische für dich. Sie gehen keine Kompromisse ein und wenn, weiß man nie, wann die Bombe platzt. Es schläft sich ruhiger, hat man ein Paar pro Becken und Ende.
Bevor meine Antwort weiter ausartet, hör ich mal wieder auf. Ich schua ja eh bald wieder rein .