Aus alter Literatur der FG Meeresaquaristik Berlin-Brandenburg

  • Hallo Ihr Lieben,

    in unserer Fachgruppe gibt es eine Unzahl an Veröffentlichungen unserer Mitglieder und wir haben ein sehr großes Archiv mit vielen Gastbeiträgen. Leider sind viele Beiträge nicht mehr so gut in Erinnerung und es lohnt sich durchaus mal einen Blick darauf zu werfen. Der Hintergrund erschließt sich erst, wenn man sich vor Augen hält, dass vor der Wiedervereinigung nur sehr begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung standen sein salziges Hobby zu betreiben. Um so wichtiger war der Erfahrungsaustausch der Aquarianer. Heute haben wir Kommunikationsmöglichkeiten von denen damals nicht mal im Ansatz zu denken war. Nutzen wir sie auch genügend zum Erfahrungsaustausch? Manchmal denke ich das ist nicht der Fall- weil man den Überblick in der Vielzahl der Beiträge verliert und vieles wieder in Vergessenheit gerät.

    Ich bin Rainer dankbar, dass er sich bemüht die Forenbeiträge in Erinnerung zu holen und genau das möchte ich Euch mit den Beiträgen der FG Meeresaquaristik BB anbieten. Ich wünsche Euch viel Vergnügen und beginne mit dem Beitrag unseres Ehrenmitgliedes Günter Gorski:

    "Meine Erfahrungen mit der Behandlung von Korallenfischkrankheiten"

    aus dem Jahr 1968.

    LG Dietmar


    Günter Gorski


    Ich möchte heute über meine Erfahrungen bei der Behandlung von Korallenfischkrankheiten sprechen. Die Wissenschaft kann uns Meeresaquarianer nur wenig helfen denn die Korallenfischkrankheiten sind weitgehend unbekannt; nur die auch bei Nutzfischen auftretenden Krankheiten sind von den Fischereiinstituten näher untersucht worden und so sind wir auf eigene Erfahrungen angewiesen. Auch wir haben in den 2 Jahren in denen wir Korallenfische pflegen Bekanntschaft mit Krankheiten gemacht. Bei der Krankheit die in unseren Becken am häufigsten auftritt handelt es sich wahrscheinlich um Oodinium ocellatum. In ihrer Auswirkung ist sie mit Ichthiophtirius des Süßwassers vergleichbar, auch der Krankheitsverlauf ist ähnlich obwohl die Erreger systematisch nichts miteinander zu tun haben. Zur vermutlichen Oodinium Krankheit möchte ich kurz etwas sagen; sie tritt epidemisch auf und wird durch Einschleppen hervorgerufen. Zunächst wachsen die Parasiten in der Fischhaut heran, lösen sich ab und fallen zu Boden und bilden eine Zyste.

    1. Stadium: Innerhalb der Zyste finden zahlreiche Teilungen statt. Sind sie beendet, entlässt die Zyste in großer Zahl Schwärmer, so genannte Dinosporen- ca. 250 Stück pro Zyste.

    2. Stadium: Die Schwärmer tragen 2 Geiseln, sind im Wasser frei beweglich, suchen sich einen Fisch, bohren sich in die Haut ein und werden wieder zu unbeweglichen Parasiten.

    3. Stadium: Dieser Vorgang dauert etwa 7 Tage. Wenige Parasiten stören den Fisch kaum aber- in dem engen Raum eines Aquariums finden fast alle Schwärmer ein Wirtstier und es kommt bald zu einem Massenbefall von Kiemen und Haut.

    Jetzt eigene Erfahrungen: Der Dendrochirus bachypterus bekam Grieskorn große Punkte auf den Augen und hatte schwere Atemnot. Waren unsere Süßwasserfische von Ichthyo befallen, so erhöhten wir die Wassertemperatur oder wir badeten sie in Trypafavin 1 Gramm auf 100 Liter erfolgreich. Beim Dendro taten wir nun das gleiche aber ohne Erfolg. In der Literatur gewälzt- fand ich bei Grobe, dass dieser mit Kupfersulfat Erfolge erzielt hat und zwar nach folgendem Rezept: Man stellt eine Stammlösung her die aus 1 Gramm Kupfer auf 10 Liter Aqua destillates besteht. Von dieser Stammlösung verwendet man auf 1 Liter Seewasser 1,63cm³. Die vorgeschriebene Menge gibt man dem Wasser in 2 Raten zu, also 2x 0,8cm³ und im Abstand von 2 Stunden. Nach 24 Stunden setzt man ein viertel der Lösung zu, also 0,4cm³, nach weiteren 24 Stunden 1/8 der Menge, also 2cm³, dann wieder ein 1/4, 1/8 usw. Erst nachdem die Parasiten verschwunden sind, höre man auf. Die Fische kommen 3 Wochen in Quarantäne um zu verhindern, dass mit dem Kot ausgestoßene Mutterparasiten die Fische wieder infizieren. Nach 3 Wochen ist die Infektionsgefahr kaum noch gegeben aber eine 100% Gewissheit besteht nie. Es empfiehlt sich zur Behandlung frisch angesetztes Seewasser. Während der Behandlung darf nicht gefiltert werden, es muss aber stark durchlüftet werden. Nach dieser Methode habe ich nun gehandelt und konnte auch am nächsten Tag sehen, dass die Parasiten weniger wurden und da der Fisch nicht mehr so schwere Atemnot hatte die Quarantänezeit nicht eingehalten da Kupfer ein Brechmittel ist und der Fisch das aufgenommene Futter wieder auswürgt. Es zeigte sich aber dass die Quarantäne von großer Bedeutung ist, denn nach kurzer Zeit zeigten sich wieder Parasiten und die Behandlung wurde wiederholt. Dann war eine Weile Ruhe.

    Um Ostern 67 kauften wir unsere Pterois volitans. Auch hier hielten wir die empfohlene Quarantänezeit von 3 Wochen, die man bei frisch importierten unbedingt einhalten soll, nicht ein. Und zwar nicht grundlos. Die Fische hatten schon eine durchschnittliche Größe von 7cm. Im Vollglasbecken, ohne Abschäumer bei Fütterung wird das Wasser bald schlecht, wir setzten sie bald in das 140 Liter Becken, wo der Dendro und 3 Russeli schwammen. Bis Juni ging alles gut. In der Zwischenzeit hatten wir sie in unser neues 350 Liter Becken umgesetzt. Und eines Tages waren die Parasiten wieder da. Wir setzten sie nun in 2 Vollglasbecken je 2 Fische in dem gekupfert wurde aber dieses mal führte das nicht zum Erfolg; wenn wir heute glaubten die Parasiten wären weg, waren sie morgen wieder da, mal viel mal weniger- sie wurden langsam zu Haustieren und ich konnte mir nicht erklären warum; hatte das Kupfer beim Dendro immer zum Erfolg geführt! Ich muss hier noch dazu sagen, dass die Wassertemperatur beim Dendro während der Behandlung nie 25° überschritten hat, dagegen hatten wir bei der Behandlung der P. volitans eine ständige Wassertemperatur von mindestens 30°- das kam durch die Hitze im vorigen Sommer. Es muss also die Temperatur bei der Behandlung auch noch eine Rolle spielen; in der Literatur fand ich darüber nichts. Also warteten wir auf kühleres Wetter. Und siehe da, als die Temperatur im Becken auf 26° herabsank, verschwanden auch die Parasiten. Ich hatte zwischendurch eine Behandlung mit Chininhydrochlorid 1 Gramm auf 100 Liter Wasser durchgeführt aber ohne Erfolg. Die Parasiten waren weg. Ich glaubte sie mit Stumpf und Stiel ausgerottet zu haben. Aber Anfang Februar waren sie wieder da. Nur waren sie dieses mal nicht Grieskorn groß sondern Stecknadelspitzen groß und glitzerte wie kleine Kristalle; ansonsten übersäten sie den ganzen Körper und Flossen, auch die Augen waren befallen und die Fische litten ebenfalls an Atemnot. Ja was nun? Hatten doch unsere Fische nun schon eine Größe von durchschnittlich 20cm erreicht. Vollglasbecken fiel also flach, also musste die Behandlung im 350 Liter Becken durchgeführt werden. Es wurden die Igel und Murex entfernt, Aktinien waren sowieso keine mehr drin. Dieses mal wollten wir nun mit Zinksulfat zum Erfolg kommen, Hückstedt empfiehlt es in der DATZ und zwar 20mg pro 10 Liter Wasser- aber kein Erfolg; wir setzten dem Wasser die vorgeschriebene Menge mehrmals zu aber die Parasiten wurden mehr; wir gingen außerdem mit der Temperatur nach und nach bis auf 20 ° runter; ebenso mit der Dichte auf 1,019 aber es war kein Erfolg zu verzeichnen. Im Gegenteil, die Fische sahen schon arg angegriffen aus, blähten die Kiemen und standen zeitweise mit dem Kopf direkt im Ausströmer und spülten sich die Kiemen durch. Sie häuteten sich täglich. Einer der Fische stellte bereits das Fressen ein. Jetzt musste natürlich etwas passieren. Unsere letzte Rettung war der Griff zum Kupfersulfat. Wir fingen diese Behandlung nachts um 12 Uhr an und setzten dem Seewasser mit einer Dichte von 1,019,einer Temperatur von 20° Kupfersulfat zu; es war natürlich ein großes Risiko denn wie bereits erwähnt hatten wir vor ungefähr einer Woche bereits mit Zink behandelt. Wir beobachteten unsere Fische aber es traten keine Komplikationen auf, um 2 Uhr kam die 2. Rate Kupfer ins Wasser, bis 3 Uhr beobachteten wir die Fische; sie schwammen munter rum und zeigten keinerlei Unbehagen. Am nächsten Morgen waren die Parasiten weg und unsere P. volitans atmeten wieder normal. Im Abstand von 7 Tagen mussten wir die Behandlung 3x wiederholen bis die Parasiten restlos verschwunden waren. Wir haben das Wasser danach bis über 1/3 abgesaugt und es erneuert und haben unberufen bis heute keine Parasiten mehr, das heißt unsere Fische sind Parasiten frei. Ich habe dann auch noch versucht die Fische zu füttern und zwar nach 24 Stunden nachdem das Kupfer dem Wasser zugesetzt wurde; auch dies brachte Erfolg. Wir haben nicht nur unsere Rotfeuerfische mit Kupfer behandelt sondern auch die Amphiprion ephippum.


    Günter Gorski

  • Hallo Freunde,

    hier ein weiterer Bericht aus dem Jahr 2002. Ihr werdet sehen, dass selbst gestandene Aquarianer vor bisweilen ungelösten Problemen stehen können.


    Gerhard Rau:

    Ein Problem bei der Haltung von Amphiprion clarkii


    Seit ca. drei Jahren bemühe ich mich einer Teppichanemone (Stichodactyla haddoni) in einem Aquarium 80x45x50 cm einen Symbiosepartner (Aphiprion clarkii) auf Dauer beizuordnen.

    A. clarkii wurde ausgewählt, weil diese Art alle Symbioseanemonen annimmt, das größte Verbreitungsgebiet hat und damit meiner Auffassung nach geringe Probleme machen sollte.

    Seit ca. 14 Jahren halte ich ein Paar A. ocellaris mit einer Heteractis crispa erfolgreich in einem Gemeinschaftsaquarium. Das Paar A. ocellaris ist nachweislich seit 19,5 Jahren in meiner Obhut und laicht heute noch, mit einer Pause im Frühjahr, regelmäßig.

    Doch nun zurück zu dem kleineren Aquarium. Umfangreiche, strukturierte Einrichtung, Scheibenanemonen, Lederkorallen, Krustenanemonen, Caulerpa Profile und eine Lysmata amboiensis sowie HQI-Strahler 70 W, Umwälzpumpe und luftbetriebener Gegenstromabschäumer sind das Umfeld für die S. haddoni (Mundscheibendurchmesser ca. 25cm), die Nitratkonzentration liegt um 5mg/l. Vor ca, drei Jahren habe ich drei junge A. clarcii von etwa 35mm Länge im Handel gekauft. Ob es sich um Wildfänge handelt oder um Nachzuchttiere, konnte der Händler nicht mit Bestimmtheit sagen. Wahrscheinlich sind es aber professionelle Nachzuchten aus Südostasien.

    Die Anemone wurde nach ca. fünf Tagen angenommen. Ein Tier wuchs voraus, die anderen beiden etwa gleich groß, hinterher.

    Nach etwa fünf Monaten hat das große Tier (Weibchen) so ein kleineres Männchen aus der Anemone verdrängt und so stark gehetzt bis es aus Kummer zugrunde ging. Nach weiteren zwei Monaten war das Weibchen 60mm und das verbleibende Männchen 40mm groß. Es erfolgte ein anbalzen aber kein putzen einer Laichstelle - weiterhin wurde das Männchen stark gehetzt und letztendlich tot gebissen. Ich habe nun noch zwei mal versucht ein kleineres Männchen hinzuzusetzen - beide Männchen wurden zu Tode gehetzt. Da ich kein weiterer „Männchenmörderhelfer“ sein wollte, habe ich dem Weibchen einen Soloaufenthalt in einem anderen Becken gegeben, ohne Aggressionsverhalten zu anderen Fischen. Ich gebe so leicht nicht auf und so habe ich nach einiger Zeit einen zweiten Anlauf gemacht. Vor etwa einem Jahr habe ich zwei Jungtiere aus einer Nachzucht - unterschiedlicher Größe (25 und 35mm) gekauft.

    Alles lief gut, bis zu einer Größe des Weibchens von 80mm und des Männchens von 50mm.

    Nach ca. neun Monaten hat auch dieses Mal das Weibchen das Männchen tot gehetzt, ohne vorheriges anbalzen und putzen wie ich es von den A. ocellaris kannte.

    Aus diesem Bericht ergeben sich für mich folgende Fragen:


    Ist der vorhandene Lebensraum zu klein?

    Fehlt ein Feindfisch zum Aggressionsabbau gegenüber dem Partner?

    Wann werden A. clarkii geschlechtsreif und ist eine geschlechtsspezifische Dauer der Entwicklung vorhanden?

    Sind Nachzuchttiere möglicherweise in ihrem Verhalten gestört?


    Wer kann helfen?

  • Und hier gibt es die Antwort zu der Fragestellung von Gerhard Rau, auch aus dem Jahr 2002 von Prof. Dr. Ellen Thaler:


    Prof. Dr. Ellen Thaler

    Gedanken zum Beitrag von Gerhard Rau


    Clark´s Anemonenfische sind zweifelsfrei gute Kämpfer, das konnte ich hautnah in meinen ersten Aquarien miterleben (Thaler 1995) und damals hatte ich ähnliche Probleme mit einem extrem aggressiven Weibchen, und mit diesem Paar ist mir der (bislang einzige) Nachweis einer reversiblen Geschlechtsumwandlung gelungen: Nach dreimonatiger Trennung hatte sich das stark gewandelte „Männchen“ erwartungsgemäß zu einem Weibchen umgewandelt und nach der Wieder-Zusammenführung aufgrund seiner Aggressivität das bisherige Weibchen in eine Männchen-Rolle zurücktransferiert. Dass so etwas möglich ist, haben rezente Untersuchungen von GROBER (2001) überzeugend bewiesen. Tatsächlich haben beide Fische mit vertauschten Rollen noch jahrelang befruchtete Gelege gezeitigt. Dennoch vermute ich, dass Rau´s Problem anderswo angesiedelt ist, und ich versuche seine Fragen zu beantworten.


    1. Ich glaube nicht, dass der vorhandene Lebensraum zu klein ist, aber evtl. könnte eine Zweit-Anemone helfen (bei mir hat sie nicht geholfen)


    2. Feindfisch? Vermutlich der springende Punkt, der solche Eskalationen im Freiwasser verhindert. Da müssen sie, ob sie wollen oder nicht, beisammenbleiben! Aber wer setzt sich schon deshalb einen Zackenbarsch ins Aquarium (vielleicht genügt ein kräftiger Korallenwächter, besser zwei)?


    3. Clark´s Anemonenfische werden mit 6-7cm (Weibchen) bzw. 4cm (Männchen) geschlechtsreif. Es hängt also von der Fütterung ab. Je besser genährt, um so schneller und (u.U.) auch weniger Aggresions-behaftet.


    4. Nicht nur Nachzuchttiere, auch Wildfänge können durch die jetzt mehr und mehr geflogenen Hormonbeigaben (im Großhandel bzw. im Fanggebiet) schwer geschädigt, bzw. auf Dauer „falsch gepolt“ sein, d.h. sie sind schon von vornherein als Männchen bzw. Weibchen fixiert. Dann ist guter Rat teuer. Ich versuche gerade, diese Praktiken genauer anzuschauen (Thaler 2002: Pubertät präcox). Da werde ich mir wieder viele „Freund“ machen…


    Mehr gibt es dazu wohl kaum zu sagen. Und weitere Versuche mit Retour- Umwandlung habe ich nie mehr gemacht - es ist so grausig! Aber in Oahu, beim Ethologenkongress, da haben wir viel und heftig über dieses Phänomen diskutiert. Letztendlich kam heraus, dass Clark´s Anemonenfisch so etwa tatsächlich „können könnte“ (oh wie deutsch), da er die größte Verbreitung und größte Anpassungsfähigkeit aller Anemonenfiche hat.


    Literatur:

    Grober, Metthew S. (2001): Sex-Charging: Model systems for understanding vertebrate ARTs, Advances in Ethilogy 36 Suppl. to Ethology, Arizona State University West, Phoenix, USA

    Thaler, Ellen (1995): Fische beobachten, Birgit Schmettkamp Verlag, Hornheim


    Ellen Thaler,

    INNSBRUCK


    Anmerkung der Redaktion: Prof. Dr. Ellen Thaler ist Trägerin der „Konrad-Lorenz-Medallie“, die bisher nur zweimal (!) verliehen wurde und darauf ist die (ganz im Vertrauen) im Heimlichen ganz stolz und das mit Recht!

    Gerhard versuchte es bis 2012 dieses Tier mit weiteren Männchen zu vergesellschaften. Gelungen ist es ihm nicht.