Exkursionen zur Ostsee

  • Hallo liebe Foris und Gäste,
    ich möchte Euch in diesem Beitrag eine der Aktivitäten der Fachgruppe Meeresaquaristik Berlin Brandenburg vorstellen, die seit weit über 50 Jahren begann und noch heute zu den Höhepunkten unserer kleinen Truppe gehört. Die Tradition ist ungebrochen und wird auch 2018 stattfinden. Ich weiss, die wenigsten werden mit Seewasser etwas anfangen oder wollen. Dennoch finde ich, gehört das in ein regionales Forum wie diesem hier.
    Und falls jemand Lust hat, mal so etwas mitzuerleben, der sei herzlich eingeladen ein paar zwanglose Tage dabei zu sein - auf der Ostsee Exkursion, die liebevoll die OSEX genannt wird.



    Langzeituntersuchungen im Bereich der Wismarbucht


    Als unsere Fachgruppe 1957 gegründet wurde, bekam man wenige Tiere. Die einzigen Quellen waren Müllegger in Büsum, ein alter Freund von T. Kielreuther aus der Vorkriegszeit. In Westberlin G. Pietschonka – Lichterfelde, hier gab es Nordsee- und Mittelmeertiere, später auch Korallenfische z.B. kleine Riffbarsche. Das war teuer; der Wechselkurs betrug 1:4 – 1:5. So haben wir uns schon bald um die Tiere der Ostsee gekümmert. Die Beschaffung war günstiger und billiger und man konnte es mit seinem Urlaub verbinden und es waren die gleichen Arten. Zuerst fingen wir mit Brille und Flossen gezielt am jeweiligen Urlaubsort; allerdings war das wenig effektiv. Etwas später wurde mittels Dredge und Schiebekäscher gefangen.
    Auf der Suche nach günstigen Fangplätzen sind wir dann 1962 auf Timmendorf, Insel Poel gestoßen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Im Hafen war auch bei schlechten Wetter und nachts ein Fang möglich und Erfolg versprechend. Die Hälterung der Tiere erfolgte mit Setzkäschern am Steg, idealerweise war der Zeltplatz direkt neben dem Fangort.
    Wir kamen an einem ziemlich stürmischen Tag am 22.9.1962 und fingen in den Seegraswiesen zu fischen an. Auf Anhieb fingen wir an der inneren Mole Grundeln, Seesterne, Seenadeln, Seehasen und Aalmuttern. Dabei waren auch ein Klippenbarsch, einige Flundern und eine Palaemon squilla. Seestichlinge und Seescorpione gingen leider nicht ins Netz.
    Nachdem wir nun regelmäßig im September nach Timmendorf fuhren, stellten wir fest, dass es nicht in jedem Jahr die gleichen oder ähnliche Fangergebnisse gab. So kamen wir 1975 auf die Idee an Hand einer Liste zu dokumentieren, welche Tiere in welcher Menge gefangen wurden. Für die ersten Jahre 1962-1974 liegen daher nur sporadische Aufzeichnungen vor. Es handelt sich um Tiere, die mit nach Berlin genommen wurden.
    Die Methode mit der wir den Bestand ermittelten ist auf Grund der Zielsetzung unserer Exkursionen nicht besonders wissenschaftlich, da nur an einem Wochenende gefangen wurde und das Wetter ebenfalls eine große Rolle spielt. Ein weiterer, viel zu großer Einfluss waren die unterschiedliche Teilnehmerzahlen und die Intensität mit der gefischt wurde. Der Ehrgeiz bestimmte Tiere zu fangen war in den ersten 20 Jahren größer als in den folgenden Jahren. Außerdem waren wir jünger und konnten noch stundenlang im kalten Wasser stehen.
    In den letzten Jahren fischten wir fast nur noch mit der Dredge, die dann am Strand geleert und die Tiere dann dort sortiert und gezählt wurden. Trotz steigender Teilnehmerzahlen wurde immer weniger gefischt. Als Ausgleich hat sich die Aufenthaltszeit auf der Insel verlängert; man konnte dann auf „schöneres“ Wetter warten.
    Als 1997 der Hafen ausgebaggert und zur Marina umgebaut wurde, stand er uns lange Zeit für Tierfänge nicht mehr zur Verfügung. Das war nicht weiter schlimm, denn nur noch wenige Tiere wurden mitgenommen, da sich nur wenige für die Kaltwassertiere interessierten und lediglich als Futter interessant waren.


    Die Ergebnisse sind eine Sammlung von Daten, die man einordnen kann. Wir haben die Tiere in erster Linie nach ihrer systematischen Zugehörigkeit zusammengefasst.
    Die Einteilung erfolgte nach der Gruppierung Zehnfußkrebse, Schlangen- und Seenadeln, Grundeln, Plattfische, Stichlige, diverse Fischarten wie Seehase, Seescorpion und Aalmuttern.
    Die Schlussfolgerungen
    Anhand der Fangergebnisse lassen sich Rückschlüsse ziehen, welche Arten man mit großer Wahrscheinlichkeit fangen kann, bei welchen Arten man mit Ausdauer fischen muss und welche Arten zu den Seltenheiten zählen. Warum Tiere regelmäßig zu fangen sind oder in manchen Jahren fehlen, lässt sich nicht ableiten. Hier kann man nur spekulieren!
    Gründe dafür könnten sein: Salzwassereinbrüche aus der Nordsee, Wetterbedingungen (Wind, Wellen) oder Wassertemperaturen. All das führt zu widersprüchlichen Ergebnissen.
    Anm. D. Schönfelder: Es fehlt noch die Artenverschleppung.
    Bei den Krebsen fällt auf, dass die Strandkrabbe seit 1975 in ihrem Bestand abnahm. Sie wurde in vielen Jahren nur selten gefangen. Sie fehlte in den Jahren 1980-1982, 1986-1990 und 1996 -1997. In großen Mengen kann sie nur noch 1984 und 1993, 1994 vor. Die Fischer behaupten, dass in Jahren mit vielen Dorschen wenige Strandkrabben vorhanden sind.
    Das Vorkommen der Großen Felsengarnele Palaemon elegans in der Ostsee wurde oft in Frage gestellt. Tatsache ist, dass wir sie bis auf wenige Ausnahmen 1982, 1987-1989 und 1997 immer gefangen haben. Das lag sicher auch daran, dass wir besonders nach ihnen gesucht haben; Abends im Hafen mit der Taschenlampe. Daher auch 1997 kein Erfolg, als der Hafen ausgebaggert wurde. Leider haben wir nicht vermerkt, ob es sich um Jungtiere oder adulte Tiere handelte. In den letzten 15 Jahren (Anm. D. Schönfelder: Bericht stammt aus dem Jahr 2000) als besser darauf geachtet wurde, waren es oft nur Jungtiere. Erst im letzten Jahr konnten 3 Weibchen mit Laich gefangen werden. Sie wurden als Belegexemplare von Heinz Schöne dem Berliner Naturkundemuseum übergeben. Die alte Theorie, dass die mit Ballastwasser eingeschleppten Tiere nicht fortpflanzungsfähig sind, konnten wir durch die Aquariumhaltung bei einer Dichte von 1.012 durch deren mehrfaches laichen und der erfolgreichen Aufzucht wiederlegen.
    Aus praktischen Gründen hatte sich bei uns eine „vereinfachte“ Nomenkatur eingebürgert.
    Als Beispiel die Sandgarlene Crangon crangon, Schwimmgarnelen Palaemonetes varians und Palaemon squilla als „richtige“ oder Palaemon elegans als „gute“ Garnelen...
    Da der Unterschied zwischen P. varians + P. squilla nicht so auffällig sind, haben wir mal 1994 als es sehr viele Jungtiere gab, über 100 Tiere bestimmt und sind dabei auf ein Verhältnis von 1:1 gekommen.
    Die Seenadeln: Die Grasseenadel Sygnathus typhle wurde ausnahmslos in jedem Jahr mehr oder weniger häufig gefangen. Seltener in den Jahren 1976-1985. Die Kurzschnäuzige Seenadel Sygnathus rostellatus wurde selten gefangen. Ausnahmen waren die Jahre 1984, 1989, 1991, in denen sie regelmäßig im Netz war.
    Stichlinge sind stets vorhanden (bis auf unsere erste Exkursion). Besonders auffällig waren Rückgrat Verkrümmungen beim Seestichling Spinachia spinachia. In manchen Jahren traten sie häufig auf, aber dann auch wieder nicht. 1994, nach dem heißen Sommer, waren besonders viele verkrüppelt. Gleichzeitig wurden auch viele tote Strandkrabben angespült.
    Die 3- und 9-stachligen Stichlinge waren in den 70iger Jahren noch gleichmäßig verteilt, dann hat langsam der Anteil der Neunstachligen Stichlinge zugenommen. Ausnahmen waren die Jahre 1989, 1993 und 2000, in denen die Neunstachler selten waren.
    Plattfische: Flundern und Steinbutte waren bis 1986 regelmäßig gefangen worden. Mal mehr, mal weniger, dann fehlten die Butte 2 Jahre bis auf eine Ausnahme 1995, danach sind sie nur noch selten oder fehlend. Nachdem auch die Flundern seltener wurden haben wir von 1990-1998 keine mehr gefangen, erst in den letzten Jahren waren sie wieder regelmäßig im Netz. Seezungen wurden immer in unregelmäßigen Zeitabständen gefangen und wenn, dann auch nur vereinzelt, die letzten 1992.
    Grundeln: Die Schwimmgrundel Gobius flavescens ist immer in der Aquarienhaltung sehr empfindlich gewesen. Sie war bis 1976 noch regelmäßig meist in Schwärmen zu beobachten. Dann traten große Schwankungen in ihrem Vorkommen auf; entweder fehlten sie ganz oder sie waren selten zu fangen. Ausnahme 1981, 1984, 1989 regelmäßig vorkommend.
    Im Gegensatz dazu hat der Bestand der Schwarzgrundel Gobius niger zugenommen. Sie fehlte von 1976-1982, dann wurde sie stets in einigen Exemplaren gefangen, erst in den letzten Jahren wieder seltener und in den Jahren 1996, 1998-1999 fehlte sie ganz.
    Besonders in den Jahren nach der Wiedervereinigung 1990-1991 besiedelte sie mit Vorliebe Bierbüchsen. 1991 waren im Hafen von 3 Getränkedosen 2 mit Gobius niger besetzt. Sand- und Strandgrundeln sind immer, mehr oder weniger stark, vorhanden.


    Die für uns Aquarianer interessanten Fischarten, zu denen auch die Aalmutter zählt, wurde regelmäßig gefangen, oft nur in geringen Stückzahlen. Gefehlt hat sie 1995-1998. Der Seescorpion Cottus scorpius wurde insgesamt selten oder gar nicht gefangen.
    Typisch ist auch hier dass sich das Fangergebnis nach den Wünschen richtet. Als wir 1997 ein Belegexemplar benötigten (für die Buchreihe Meer und Museum) waren wir auch erfolgreich nachdem wir seit 10 Jahren keinen mehr fingen. Das heißt, dass die Fische, die als fehlend angegeben werden, dennoch vorhanden waren, wenn auch selten.
    Die Seehasenbabys sind allgemein regelmäßig bis dominant. In den Jahren 1991-1995 waren sie selten oder fehlten ganz. 1996 waren sie wieder dominant und fehlten 1997. Sie fehlten neben vielen anderen Arten auch 1982 nach dem sogenannten Jahrhundert Sommer.
    Seesterne und Seescheiden sind vor Timmendorf selten zu finden. Seesterne werden von den Fischern gelegentlich als Beifang mitgebracht und landen so im Hafen. Meistens werden sie dann von Urlaubern gesammelt und getrocknet. 1978 wurden massenhaft kleine Seesterne von den Fischern mitgebracht (sonst haben wir sie in der Wohlenberger Wieck gesammelt). Nach dem Orkan 1985 wurden 2 Seesterne und 9 Tunicaten im Spülsaum gefunden.
    Fische die überhaupt nicht mehr gefangen wurden (seit Einführung unserer Statistik) sind der Butterfisch und der Klippenbarsch. 1965 konnten noch über 15 Exemplare gefangen werden. Außerdem der Schwarzäugige Lippfisch Cr. Melops. Später wurden nur noch 1979 zwei Klippenbarsche gefangen.
    Wie aus dem geschriebenen zu entnehmen ist:

    • durch unsere Erfassungsmethode sind wir von vielen Zufällen abhängig
    • es ist nur eine Momentaufnahme für ein jeweiliges Wochenende im September
    • Geprägt durch das Wetter, dem Wasserstand, den Wellen und durch den Ehrgeiz waren nur bestimmte Tiere zu fangen

    Wir können aber sagen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, bestimmte Tiere zu fangen.


    Bemerkungen und Besonderheiten
    1962 stürmischer Tag, 1 Klippenbarsch, Seesterne, Seenadeln, Aalmuttern, G Grundeln, Flundern + P. squilla
    1965 15 Stück Klippenbarsche C. rupestris, 9 Symphodus, 3 Stück Schwarzäugiger Lippfisch Cr. melops
    1976 Kleine Strandkrabben am Sandstrand in Muschelkolonien (Knöcheltief)
    1978 Seesterne massenhaft vom Fischer
    1979 Müllers Zwergbutt
    1980 Seesterne in der Wohlenberger Wieck häufig
    1981 Seegras nimmt stark zu, fast nur Z. nana, Z. marina nur selten und macht einen kranken Eindruck, violette „Schwebealgen“ in Schlieren weit verbreitet: Wimperntierchen Mesodinium rubrum
    1982 Mysis in riesigen Schwärmen, Jahrhundert Sommer, Blasentang nur Kümmerwuchs, Seegras im Rückgang,
    1 Steinpicker vom Fischer Agonus cataphractus
    1983 Blasentang wieder normal, Seegras wieder dichte Bestände
    1985 Orkan, 2 Seesterne, 7 Tunicaten
    1987 sehr wenige Muscheln, wahrscheinlich durch Eisgang im sehr kalten Winter rasiert
    1988 Seegras fast abgestorben, im Hafenbecken keine Tiere zu sehen, wie ausgefegt
    1989 2 Wochen vorher Orkanschäden, viele große Seehasen
    1990 sehr große Seepocken im Hafen, Wasser sehr stark belastet
    1991 Von 3 Bierbüchsen waren 2 von Gobius nieger besiedelt
    1993 Seegraswiesen sind spärlicher als sonst und niedriger mit großen Lücken, an der Quermole wächst wieder Blasentang
    1994 Sehr viele Seestichlinge mit Rückgrat Verkrümmung, tote Strandkrabben häufig angespült, P. varians: P.squilla 1:1, 5 kleine Dorsche beim Dretgen (3-5 cm) gefangen
    1995 Hafenwasser extrem schmutzig, sehr viel abgestorbenes Seegras, es hat an einigen Tagen gestunken wie eine Kloake, aber viele P. elegans im Hafen. Große Wolken der Purpurroten Wimperntierchens Mesodinium rubrum
    1996 Jungtiere von Sygnathus typhle massenhaft im Hafen
    1997 Bauarbeiten im Hafen, kein Fang möglich
    1998 Stichlinge selten, dafür Nachts im Hafen in Massen, genau so P. squilla, dagegen beim Dretgen nur 3 Stück, Nachts an Pfählen in großen Mengen
    1999 Jungtiere von P. squilla
    2000 3 erwachsene Weibchen von P. elegans mit Laich


    Soweit der Bericht unseres leider verstorbenen Mitglieds Klaus Bischoff.
    Die Liste der Fangergebnisse haben wir natürlich weiter geführt und weiterhin interessante Besonderheiten hervorgehoben. Auch wenn der Fang von heimischen Meerestieren nicht mehr der Antrieb ist um unsere Aquarien zu füllen, so sind die entspannenden Tage zu einem beliebten Ritual geworden und machen nach wie vor Freude.
    LG Dietmar

  • Schön, dass du uns das mal eingestellt hast, dietmar,
    kann mir gut vorstellen, wie da jedes Jahr ein paar Verwegene im Hafen auftauchten und
    manchmal auch vergebens nach Beute suchten....


    Ähnliches hab ich früher auch in der Lausitz * erlebt, wenn da verschiedene Leute
    an den Wochenenden kamen und im Kohlholz der damals noch kleinen Tagebaue
    nach irgendetwas suchten, was sich mir als kleinem Bengel nicht so richtig erschliessen wollte...
    Heute weiss ich , dass es um Einschlüsse und Abdrücke von Jahrmillionen alten Pflanzen ging,
    die aber sicherlich relativ vergänglich waren...


    * in den 50er Jahren, wo auch nicht ganz sicher war , ob sie vielleicht nur am Brennwert interessiert waren :ninja::crazy:

  • Hallo Bernd,
    als die Klimaerwärmung noch kein Thema war, gab es zur Exkursion etwas, was den Brennwert in flüssiger Form beinhaltete. Wenn man mal überlegt, die Pioniere in 12°C Wasser und Sturm stundenlang im Wasser, Kurzschlaf im Zelt bei der Nässe und das ganze mit dem Motorrad nach Berlin gekarrt. Das hat was finde ich... Aber was will man machen, besser als gar keine Tiere zu haben.
    Irgendwann gab es tröpfchenweise was von der Zoologika, da hatte ein Rotfeuerfisch den Preis von 400,- Mark Alugeld. Und das bei dem Verdienst, der nicht gerade üppig war (zur Erinnerung, eine Verkäuferin hat 350,- bis 380,- Mark an Lohn erhalten, zu der Zeit als ich meine Frau kennenlernte). Das zur Versorgung,
    und das war nur eins der kleineren Probleme. Salz musst man sich selber herstellen und die Reste des Salzlagers besitze ich jetzt immer noch, hauptsächlich Spurenelemente. Oder man ist halt mit dem Trabbi nach Bulgarien und hat sich Seepferdchen und oder Aktinien beschafft und viele weiter Dinge.
    Oder sich in Westberlin eine Zylinderrose zu kaufen war schon ein Devisenvergehen und wurde entsprechend geahndet... Das waren Zeiten, das kann sich keiner mehr vorstellen. Heute lacht man vielleicht darüber aber zu der Zeit war das bittere Realität.
    LG Dietmar

  • Hallo Dietmar,


    vielen Dank für Deinen tollen Betrag, keine Angst, kriegst jetzt kein "like" ... ;-)


    Ich unternehme auch öfters Exkursionen an die Ostsee.


    Mein Interesse gilt mehr den Crustaceen, insbesondere Praunus flexuosus (Gebogene Schwebegarnele),



    die sich gut im Aquarium hält und sehr interessant ist. Leider habe ich Probleme damit, das die Tiere an die Deckscheibe springen, dort kleben bleiben und dann vertrocknen. Diese Art ist sicherlich die "Mysis" aus dem Deinem Bericht!?


    Die Brackwasser-Felsgarnele (Palaemonetes varians)



    hat meine Töchter immer begeister, sie nannten sie die "Tanzgarnele mit den gelben Knien". Auch immer in Bewegung und toll blau-gelb gezeichnet.


    In den letzten Jahren ist - zumindest auf Usedom - eine kleine (ca. 20 mm!) große Brackwasserkrabbe (Rhithropanopeus harrisii) hinzugekommen.



    Nicht leicht zu finden und zu fangen, aber auch sehr interessant und wegen der geringen Größe ideal für die Hälterung.


    Dank und Gruß


    Erich

  • Hallo Erich,
    ja mit der Mysis hast Du recht. Die wurden oft mit dem Kescher gefangen und dann getrocknet und in Salz eingelegt um ein gutes Futter zu haben. Sprungfreudig sind sie, das ist ein natürliches Verhalten, wenn sie unter Stress kommen. Manchmal ist es Trittschall oder schnelle Helligkeitsänderungen. Seitdem betreibe ich meine Leuchten im Dimmbetrieb auch weil andere Tiere davon betroffen sind. Mysis ist allerdings schwierig nachzuziehen, da sie kannibalisch sind und man ständig selektieren muss. Ich hatte mir schon überlegt das irgendwie automatisch zu machen.
    Eine Frage, betreibst Du Brackwasser Aquarien oder Süsswasser mit heimischen Tieren?
    Was die eingeschleppten Arten betrifft, da gibt es eine ganze Menge. Manche etablieren sich, manche halten nur eine Zeit lang aus. Auf unserer letzten OSEX sollte das eigentlich das Thema invasive Arten sein. Aber vor lauter Fischsuppe kochen sind wir gar nicht mehr dazu gekommen...
    Insel Poel ist ein Gewässer, was dem der Nordsee noch am ähnlichsten ist; hier haben viele marine Tiere ihre östliche Verbreitungsgrenze. Und so ist die marine Artenauswahl auch noch etwas größer als östlich der Rerikschwelle und darum unser bevorzugtes Fanggebiet. Und immer für Überraschungen gut. So konnten wir 2017 3 Klippenbarsche fangen, etwas was ich in den 20 Jahren meiner Teilnahme das erste mal gesehen habe.
    LG Dietmar

  • Hallo Foris,
    wie sehr sich diese Veranstaltung verändert hat und dennoch Tradition ist, möchte ich Euch mit einem Bericht aus dem Jahr 2015 zeigen. Das war eine besondere Veranstaltung mit außerordentlich vielen Aktivitäten. Ich stelle Euch den FG Bericht vor, der auf Grund seiner Größe in mehreren Teilen hier veröffentlicht wird. Leider ist die Datei als PDF recht groß, so dass ich beim upload Probleme habe.
    Also viel Vergnügen und für mich die kleine Hoffnung, dass vielleicht der eine oder andere sich anstecken lässt einfach mal mitzukommen.
    LG Dietmar


    54. Ostsee Exkursion der Fachgruppe Meeresbiologie Berlin 04.-06.09.2015


    Wieder einmal trafen sich die Meerwasserfreunde und ihre Angehörigen auf der schönen Insel Poel um gemeinsam einige Tage zu verbringen. 24 Teilnehmer aus Kassel, Dortmund, Rostock, Berlin und Umgebung konnten wir dieses Jahr begrüßen.
    Zum Gelingen der Veranstaltung haben unsere Rostocker Freunde einen besonderen Anteil gehabt: Das große Festzelt, gutes Essen, ein repariertes Fanggerät und solides Fachwissen trugen wieder einmal dazu bei und wir bedanken uns recht herzlich bei Torsten!
    Die Aktivitäten während der Exkursion waren wieder vielfältig. Dazu gehören der Fang der Tiere mit der Dredge, die Bestimmung und Erfassung der Tiere, eine ausgedehnte Wanderung durch eine Salzwiese, drei Vorträge und als Abschluss eine herausragende Präsentation von Meerestieren und Fundstücken der deutschen Küstengewässer unter der Anleitung von Dr. Corinna Enderes.
    Insgesamt war es spannende Biologie zum Anfassen und Mitmachen- für alle Teilnehmer.


    Planktonproben


    Erstmals wurde intensiv Plankton über mehrere Tage gefangen und untersucht. Die Bestimmung des Planktons erfolgte nach dem IOW Zooplankton Katalog 2009 und der IOW Mikroalgen Galerie des Leibnitz Institut für Ostseeforschung Warnemünde. Wir würden uns freuen, wenn wir für die statistische Untersuchung weitere Freunde gewinnen könnten, die sich diesem interessanten Thema widmen. Oftmals bildet das Zooplankton der Ostsee die Basis und eine Erweiterung der Futterzucht für das Seewasseraquarium. Die gute Verträglichkeit von Salzdichte- und Temperaturschwankungen sowie die Verfügbarkeit machen diese Organismen interessant um schwierig zu pflegende Aquariumtiere das Leben leichter zu machen. Hier zeige ich eine Auswahl meiner Aufnahmen.
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    Vl.: Appendicularia, Coscinodiscus concinnus, Ceratium tripos, Mnemiopsis leidyi Larve


    Dredgen Fang und Auswertung


    Seit vielen Jahren werden die Tiere der Seegraswiesen statistisch erfasst und oft im Heimataquarium gepflegt. Der Grund der Statistik waren die Unterschiede des Vorkommens und Häufigkeit der Tiere während der einzelnen Exkursionen. Eine statistische Erfassung von Tieren die nicht kommerziell genutzt werden, gab es bis zu Beginn unserer Aufzeichnungen nicht. Allerdings ist mit den Aussagen dieser Statistik nur das Vorkommen zu einer bestimmten Zeit möglich und damit nur der Hinweis zur Wahrscheinlichkeit des Vorkommens gegeben.
    Bei schlechten Sichtbedingungen und starker Wasserbewegung sind die Tiere beim Schnorcheln durchaus nicht so einfach zu entdecken. Schieberahmen erweisen sich oftmals als zu klein und so kommen Dredgen und Strandwaden zum Einsatz. Ein Hinweis zur rechtlichen Situation: Alle der genannten Fanggeräte bedürfen einer Genehmigung durch die Fischereiaufsicht. Oder kurz gesagt, alles andere als eine Angel darf zum Fischen nicht so einfach benutzt werden.
    Mit der Dredge wurden zwei Hol in einer Seegraswiese und zwei Hol über Sandgrund durchgeführt. Anschließend wurden die Tiere separiert, bestimmt und gezählt. Nicht für das Aquarium bestimmte Tiere wurden anschließend wieder zurückgesetzt. Bei dieser Fangmethode ist die Gefahr die Tiere zu verletzen relativ gering, da durch die Konstruktion der Fanggeräte der Staudruck sehr niedrig ist. Die Auswertung des Fangergebnisses sehen Sie am Ende dieses Berichtes.


    Führung durch die Salzwiesen in Gollwitz


    Unter der Anleitung von Dr. Christiane Neubauer wurde eine Führung durch eine Salzwiese unternommen. Salzwiesen unterscheiden sich erheblich nach dem Grad der Bewirtschaftung; Sie entstehen und behalten ihre Artenvielfalt durch die besondere Nutzung durch den Menschen. Vor 5 Jahren haben wir schon einmal eine Führung in Fährdorf auf Poel unternommen. Dieses mal konnten wir einen völlig anderen Charakter der Salzwiese erleben, die sich in Zusammensetzung der Arten unterscheidet. Auf Fährdorf ist die Bewirtschaftung nicht so stark wie in Gollwitz und so entsteht eine typische Flora mit ihren Organismen. Nicht immer ist die Bestimmung geläufig und so sollen mit der Dokumentation einige Vertreter vorgestellt werden.
    (Diese Dokumentation wird in einem weiteren Beitrag veröffentlicht.)


    Vorträge


    Während der Veranstaltung wurden drei Vorträge gehalten. Einer der Vorträge befasste sich mit der geschlechtlichen Vermehrung karibischer Steinkorallen zur Wiederansiedlung der stark gefährdeten Riffe. Schwerpunkt ist die Elchgeweihkoralle Acropora palmata, eine Art die in der Roten Liste geführt wird. Interessant ist die Vorgehensweise, bei der mittels großer Netze die Geschlechtsprodukte aufgefangen und auf verschiedensten Kulturmedien das Optimum der Vermehrung untersucht wird. Diese Aktivitäten werden allerdings nur von Erfolg gekrönt sein, wenn es gelingt die Probleme der Eutrophierung, Überfischung u.a. Probleme nachhaltig zu verändern.
    Der zweite Vortrag befasste sich mit der Kultur und Zucht von Wirbeltieren in einer amerikanischen Zuchtstation. Hier wird mit wissenschaftlichen Methoden die Züchtung hauptsächlich von Zierfischen für die Verwendung in Aquarien optimiert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Tieren die sich teuer verkaufen lassen wie beispielsweise die Zwergkaiserfische und die besonderen Zuchtformen der Anemonenfische. Im Abschluss wurde ein wunderschöner Film über die Unterwasserwelt von Curacao gezeigt mit einer intakten Tierwelt.
    Der dritte Vortrag war den Problemen der Ostsee gewidmet. Neben der starken Nährstoffbelastung und den erweiterten Gegenmaßnahmen der Anrainerstaaten gibt es weitere Probleme durch die Munitionsentsorgungen von zwei Weltkriegen und der Nachkriegszeit mit hohem Gefahrenpotenzial in naher Zukunft und die Auswirkung des radioaktiven Fallout durch die Katastrophe in Tschernobyl. Es konnte hier nur ein grober Überblick gegeben werden und soll eine Anregung sein, sich weiter mit dieser Thematik zu befassen.


    Präsentation von Anschauungsstücken und mikroskopischer Objekte



    Frau Dr. Corinna Enderes hat am letzten Tag unserer Exkursion für einen besonderen Höhepunkt gesorgt. In einer Vielzahl von Schaukästen wurden Präparate und Fundstücke präsentiert die man auch anfassen konnte, waren eine Einladung sich intensiv zu beschäftigen. Es nicht nur die Schauobjekte an sich sondern die didaktische und spielerische Umgangsweise mit diesen Objekten ist beispielhaft. Das ist so interessant gestaltet, dass man das durchaus auf größeren Meerwassertreffen, bei Schulungen oder auch bei touristischen Einrichtungen einbinden sollte. Auf dem ersten Bild sieht man ein Steckbrett auf dem die verschiedenen Pflanzen der Salzwiese richtig angeordnet werden müssen. Wir bedanken uns bei Corinna für diese hervorragende Ausstellung recht herzlich.


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    Corinna zeigt die Zonen der Salzpflanzen, Beim Mikroskopieren frischen Planktons, Ausstellungsstücke des Naturkundemuseums Berlin

    Weitere Aktivitäten durch die Teilnehmer


    Selbstverständlich gab es Gelegenheit, individuellen Aktivitäten nachzugehen. So sind meine ersten Unterwasser Bilder entstanden und die Aufnahmen an dem bis zu 15 Meter hohen Steilkliff in Timmendorf.


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    Auch an unsere verstorbenen Mitglieder wurde gedacht. Ein Gläschen für jeden ins Hafenwasser!
    Insgesamt kann man sagen, dass sich die Ostsee Exkursion, liebevoll OSEX genannt, zu einer attraktiven und qualitativ guten Veranstaltung weiterentwickelt hat. Die überwiegend positive Resonanz der Teilnehmer ist Bestätigung unserer Bemühungen; Grund und Ansporn die 55. Ostsee Exkursion in hoher Qualität auszurichten.
    Auf besonderen Wunsch der Teilnehmer soll 2016 ein Besuch der Vogelschutzinsel Langenwerder organisiert werden. Die Insel Langenwerder ist eines der ältesten deutschen Naturschutzgebiete und nur wenige Besucher haben die Möglichkeit diese Insel zu einer bestimmten Zeit zu betreten.
    Und die legendären Fischgerichte werden auch beibehalten, das ist schon fest versprochen!
    Über weitere Aktivitäten werden wir Sie im Laufe des kommenden Jahres rechtzeitig informieren.
    Haben wir Ihr Interesse geweckt an unserer Veranstaltung teilzunehmen? Wir würden uns über zahlreiche Teilnehmer freuen! Die nächste Ostsee Exkursion findet am 2.- 4.9.2016 statt.



    Mit freundlichen Grüßen
    D. Schönfelder
    FG Meeresbiologie Berlin

  • Liebe Foris,

    hier kommt der angekündigte Teil "Salzwiesen auf der Insel Poel". Viel Spass!


    Führung durch die Salzwiesen in Gollwitz


    Im Rahmen unserer Ostsee Exkursion vom 4.-6.9.2015 unternahmen wir unter Anleitung von Frau Dr. Christiane Neubauer einen Ausflug in eine Salzwiese auf der Insel Poel.

    Die Besonderheit der Salzwiesen auf dieser Insel, ihre Vielfalt und Ausprägung ist an der deutschen Ostseeküste einzigartig.

    Die Salzwiesen werden durch die Bewirtschaftung des Menschen erhalten. Vor fünf Jahren unternahmen wir schon einmal eine Wanderung durch eine Salzwiese in Fährdorf. Hier ist die Bewirtschaftung nicht so ausgeprägt wie in Gollwitz und die Salzwiesen haben dadurch einen anderen Charakter und damit verbunden, andere dominante Pflanzen.

    Nicht nur in den Salzwiesen findet man die Halophyten. Vereinzelte Solitärpflanzen kann man auch an den Stränden und im Hafen zu finden.


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    Aufnahmen aus dem Hafen Timmendorf Insel Poel wenige Zentimeter über dem Wasserspiegel


    Zu Beginn unserer Führung erklärte Dr. Neubauer charakteristische geologische Erscheinungen, die das Aussehen der Insel prägen. Für die Pflanzenvorkommen ist das ebenfalls entscheidend, da Ebbe und Flut in der Ostsee weniger ausgeprägt sind und hauptsächlich die Windrichtung und Stärke zu ausgeprägten Watt und Überflutungen führt. Damit verbunden kommt es zur Entstehung von Prielen und zeitweilig Wasser führenden Flutkanälen. Hier bilden sich je nach Salz- und Feuchtigkeit unterschiedlich tolerante Arten aus, die durch Leitorganismen eine Zuordnung zu bestimmten Zonen ermöglicht.


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    Dr. Neubauer erklärt geologische Besonderheiten der Insel


    Bevor wie die Salzwiese betreten, wurde auf eine unscheinbare Pflanze aufmerksam gemacht. Es ist eine uralte Nutzpflanze, deren Samen ein wertvolles Öl ergibt. Haben Sie die Pflanze erkannt?


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    Linum tenuifolium, Schmalblättriger Lein


    Die verschiedenen Lein Arten haben wunderschöne Blüten; Linum tenuifolium ist an seiner weißen Blüte gut zu erkennen. Wenn Sie zu Lein recherchieren möchten, finden Sie unter dieser Adresse weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Lein

    Auf Gollwitz hat man einen Blick auf die Insel Langenwerder, eines der ältesten Naturschutzgebiete in Deutschland. Seit 1935 als Vogelschutzinsel deklariert, ist das Betreten nur sehr wenigen Menschen gestattet. Die Hauptbrutvögel sind Küstenseeschwalbe, Austernfischer, Rotschenkel, Strandgans, Sturmmöve, div. Entenarten und zunehmend Kraniche. 2016 planen wir eine Begehung der Insel unter der Führung eines Vogelschutzwartes.


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    Blick auf Langenwerder vom Aussichtspunkt Gollwitz, rechts eine Gruppe Schwäne zieht nach Langenwerder


    Diese Salzpflanze ist das Labkraut. Von dieser Gattung gibt es noch eine weiß blühende Form (Wiesenlabkraut). Seine Blüten duften nach Honig. Es enthält das Labferment, welches zur Käseherstellung (z.B. Chesterkäse) benötigt wird. Kalkhaltig, nährstoffarm und überwiegend trocken sind die Voraussetzungen für den Standort des echten Labkrautes im Gegensatz zum Wiesenlabkraut, welches feuchtere, nährstoffreiche Böden bevorzugt.


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    Galium verum Echtes Labkraut


    Eine weitere Pflanze ist der Dornige Hauhechel. Es gibt für diese Pflanze noch 45 weitere deutsche Benennungen! Auch diese Pflanze bevorzugt kalkreiche, nährstoffarme Böden. Die dornigen Büschel verdrängen wertvolle Futterpflanzen und können bei Weidevieh Fußgeschwüre verursachen.


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    Ononis spinosa Dorniger Hauhechel


    Eine weitere recht hübsche Pflanze ist die Nickende Distel, eine wichtige Futterpflanze für Körnerfresser. Man findet sie oft auf überweideten Flächen; sie kommt mit kalkreichen, nährstoffarmen Böden gut zurecht.


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    Carduus nutans Nickende Distel


    Zu den Pionierpflanzen gehört das Gänsefingerkraut. Es zeigt stickstoffreiche, feuchte, lehmig-tonige Böden an und ist salzverträglich. Bekannt in der Volksmedizin wird dieses Kraut zur Behandlung von krampfartigen Beschwerden; es wird bei Menstruationsbeschwerden und Durchfall in einem Teeaufguss eingenommen. Für diese Pflanze sind 7 weitere Trivialnamen bekannt.


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    Argentina anserina Gänsefingerkraut


    Zahlreiche Wegerich Arten findet man in den Salzwiesen. Leider ist der Wegerich etwas unscharf abgebildet. Diese Pflanze ist im Frühjahr eine wichtige Nahrung für die Ringelgänse. Diese Art ist eine typische Charakterart der Salzwiesen. Interessant ist ihre Anpassung an salzige Standorte. Das Salz wird in großen Vakuolen gelagert, die salzhaltigen Blätter werden dann schnell abgeworfen. Eine weitere Fähigkeit ist eine Anreicherung von Zuckeralkoholen um ein osmotisches Gegengewicht zu den hohen Salzkonzentrationen der Vakuolen zu bilden. Optimal wächst diese Pflanze allerdings nur bei geringem oder fehlendem Salzangebot.


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    Plantago spez., Wegerich, Dr. Neubauer benannte diese Art als Vogelfußwegerich


    Endlich sind wir bei der bekanntesten Salzpflanze angekommen, dem Queller. Auf der Salzwiese war ein größerer Bestand mit teilweise rötlichen Pflanzen vorhanden. Wir haben reichlich davon gegessen, eine für Salate sehr schmackhafte Beigabe! Der Queller ist die einzige Salzwiesenpflanze, die ohne Salzzufuhr nicht lebensfähig ist. Übrigens sind Kulturversuche äußerst schwierig weil die Bedingungen kaum zu simulieren sind.


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    Salicornia europaea, Europäischer Queller


    Weiter gehts im Teil 2 der Salzwiesen

  • Salzwiesen Teil 2, Fortsetzung


    Von den zahlreichen Mierenarten (mind. 120 Arten) war eine auf der Salzwiese zu finden. Leider kann ich die wissenschaftliche Benennung dieser Art nicht bestimmen und beschränke mich daher auf die Gattung. Sie stand direkt neben dem Queller.


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    Minuartia spez., Miere; rechtes Bild Samen der Miere


    Eine weitere Wegerich Art ist der Strandwegerich. Auch diese Pflanze ist im Frühjahr eine wichtige Nahrung der Wildgänse.


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    Plantago maritima, Strandwegerich


    Zu den schönen Blütenpflanzen zu dieser Jahreszeit gehört die Strandaster. Man findet sie vorwiegend auf nassen und periodisch überfluteten Salzwiesen. Auch sie wirft älteres, salzhaltiges Laub ab und reguliert damit die Salzaufnahme.


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    Tripolium pannonicum, Strandaster


    Eine weitere hübsche Pflanze ist der Erdbeerklee. Eigentlich eine Pflanze, die man eher in Südeuropa findet. Sie ist jedoch durch die Grünlandwirtschaft weit verschleppt worden. Ihr Vorkommen ist häufig auf nährstoffreichen, sandigen, tonigen, kalk- und salzhaltigen Böden. Sie ist daher eine charakteristische Pflanze der Küstensalzwiesen.


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    Trifolium fragiferum subsp. fragiferum, Erdbeerklee


    Außerhalb der durch Tiere beweideten Zonen findet man weitere typische Salzpflanzen. Hier eine auffällige und wohlriechende Art, die auf die Verwandschaft mit dem Wermut schließen lässt: der Strandbeifuß. Diese Pflanze erträgt starkes austrocknen durch ihre filzige Behaarung der Blätter. Früher gelegentlich als Bierwürze verwendet, wird er auch heute noch in der Küche verwendet.


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    Artemisia maritima, Strandbeifuß

    Auf Poel werden unter anderen verschiedene Gräser gezüchtet. Dazu gehört auch das Deutsche Weidelgras. Im Nachbarort Malchow, ist die zentrale europäische Poa-Datenbankzentrale beheimatet. Daher findet diese wichtige Pflanze auch in diesem Bericht einer Würdigung, dieses Süssgras wächst auch auf den Salzwiesen! Die Pflanze kommt gut mit nährstoffreichen und durch Tritt verdichteten Böden zurecht.


    Auf sehr sandigen Böden gedeiht die Strandquecke. Sie ist der Pionier auf neuen Dünen und hält mit den Rhizomen den Sand fest. Auch sie gehört zu den Süssgräsern.


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    Elymus athericus, Strandquecke, Dünenquecke


    Als weiterer wichtiger Vertreter der Salzwiesen ist die Strand Melde zu nennen. Auf ihren Ästen befinden sich feine, zweizellige Blasenhaare, die zur Salzabgabe platzen wenn sie reif sind. Für einige Falterarten ist sie eine Nahrungsgrundlage. Strandmelde wird oftmals mit Seegras angeschwemmt.


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    Atriplex littoralis, Strandmelde

    Eine sehr markante Pflanze die sich durch ihre rostrot eingefärbten Fruchtstände auszeichnet, ist der Krause Ampfer. Man findet ihn hauptsächlich an relativ feuchten Stellen, er bevorzugt verfestigte, nährstoffreiche schwere Ton- und Lehmböden. Der Ampfer ist eine Pionierpflanze mit bis zu drei Meter tiefen Wurzeln.


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    Rumex crispus, Krauser Ampfer


    Ein weiterer Vertreter der Uferzone ist die Strandmiere. Sie liebt höhere Salzgehalte und verträgt das überwehen mit Sand sehr gut. Ihre sukkulente Erscheinung schützt sie auch vor starker Sonneneinwirkung und Austrocknung durch Wind. Ihr Standort ist stets in Nähe des Wassers, also am Spülsaum.


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    Honckenya peploides, Strandmiere


    Weiter gehts mit Teil 3

  • Salzwiesen Bericht Teil 3


    Die Strandkamille hat eine Besonderheit. Sie duftet im Gegensatz zur echten Kamille nicht. Wenn man den Blütenkorb einmal durchschneidet, erkennt man eine konvexe bis konische Form; bei der Strandkamille ist der Boden des Blütenkorbes geschlossen, bei der echten Kamille ist der Blütenkorb immer offen. Diese Kamille ist keine in der Medizin brauchbare Pflanze.


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    Tripleurospermum maritimum, Strandkamille


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    Geschlossener Boden des Blütenkorbes, seine Form ist konvex


    Eine weitere Beifußart ist der Gemeine Beifuß. Bekannt als Küchengewürz bei fettreicher Nahrung (Weihnachtsgans), kann man ihn aber nur benutzen, solange seine Blütenkörbchen noch geschlossen sind, weil er sonst bitter schmeckt. Die enthaltenen Bitterstoffe regen die Bildung von Magen- und Gallensäften an und unterstützen die Verdauung. In Deutschland wurden die Wurzeln bis Anfang des 20. Jahrhunderts zur Behandlung von Epilepsie angewendet. Im Mittelalter diente Beifuß als wirksames Mittel gegen Hexerei. Übrigens bedeutet der deutsche Begriff von Tschernobyl Beifuß.


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    Artemisia vulgaris, Gemeiner Beifuß


    Der Breitwegerich ist eine der vielen Wegericharten der Salzwiesen. Von ihm sind mindestens 11 Trivialnamen bekannt. Er ist wenig empfindlich gegen Salze, ist sehr trittfest und unempfindlich, seine tief reichende Wurzel ermöglicht ein Wachstum auf stark verdichteten Böden. In der Volksmedizin wird er oft zur Wundheilung benutzt. Seine jungen Blätter enthalten sehr viel Vitamin A und sind essbar.


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    Plantago major, Breitwegerich


    In den höher gelegenen Salzwiesen kommt das Löffelkraut vor. In seinen Blättern sammelt es Salz und es stößt diese nach und nach ab. Als Mittel gegen Scorbut wurde das Löffelkraut in Salz eingelegt und auf Seereisen mitgeführt. Der Geschmack ähnelt der Kresse.


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    Cochlearia officinalis, Echtes Löffelkraut


    Die Strandsimse ist eine leicht zu erkennende Art. Die Stängel haben eine Form, die an einen Dreikant erinnert. Sie kommt in Feuchtgebieten vor und bildet häufig artenarme Dominanzbestände. Sie zählt zu den Pionierpflanzen mit einer Besonderheit, einer Wurzelknolle.


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    Bolboschoenus maritimus, Strandsimse


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    Die Wurzelknolle der Strandsimse


    Der Echte Eibisch ist eine Pflanze, die auf der Roten Liste steht. Man nennt ihn auch Arzneieibisch, es sind mindestens 33 Trivialnamen bekannt. Er bevorzugt sonnige, nährstoffreiche und gut mit Wasser versorgte Böden. In der Medizin wird der Eibisch bei Erkältungen angewendet.


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    Althaea officinalis, Echter Eibisch

    Das zu den Primelgewächsen gehörende Milchkraut gedeiht gut auf feuchten, salzigen Böden, die gelegentlich überschwemmt sein können. Der Aufguss der Pflanze wurde früher den Wöchnerinnen verabreicht um die Milchproduktion anzuregen, daher sein Trivialname.


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    Glaux maritima, Strand- Milchkraut


    Am Rande der Salzwiesen gedeiht Sichelklee (Sichelluzerne). Der Sichelklee gedeiht am besten auf trockenen, basenreichen, tiefgründigen, kalkreichen, aber eher mageren Lehm- und Lößböden. Man findet ihn oft an sonnigen Gebüschsäumen und Wegrändern. Ein Halophyt ist sie aber nicht.


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    Medicago falcata, Sichelluzerne

    Mit dem Blick auf die Luzerne ist unser Ausflug in die Salzwiesen schon beendet.


    Weiter gehts mit Teil 4

  • Salzwiese Teil 4 Schluss


    Frau Dr. Neubauer hatte während der Führung auf zwei lesenswerte Bücher hingewiesen, die ich Ihnen zum Abschluss noch vorstellen möchte.


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    ISBN-13: 978-3701300624


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    http://www.insel-poel.de/souvenirs.php


    Heiteres Herbarium, Blumen und Verse von Karl Heinrich Waggerl

    Dieses Buch ist ein witzig und mit hintersinnigem Humor geschriebenes Gedichtbändchen mit viel

    Liebe zur Botanik und wunderschönen, exakten Zeichnungen von Karl Heinz Waggerl. Viele dieser

    Gedichte wurden von Franz Salmhofer, einem Zeitgenossen und Landmann Waggerls, vertont.


    Rund um den Poeler Kohl (Text: Klappentext des Buches)

    In den vergangenen Jahrhunderten galt die Insel Poel als Kohlgarten. Nicht umsonst war der Kohl weithin als besonders wertvoll bekannt und ließ sich besser vermarkten als Sorten aus anderen Anbaugebieten. Wissenswertes rund um den Kohl, warum norddeutsche Schriftsteller von Kohlsuppe schwärmen und warum der Kohlanbau 1945 nicht fortgesetzt wurde finden Sie in diesem Buch. Dazu kommen noch sehr schöne Zeichnungen, Fotos und viele Gerichte rund um den Kohl als Ergänzung zur biologischen Vielfalt und Vermehrung des Kohls machen dieses Buch lesenswert.


    Im Namen der Fachgruppe Meeresbiologie Berlin und ihren Gästen bedanken ich mich recht herzlich bei Frau Dr. Neubauer für diese wunderbare Führung.


    Mit freundlichen Grüßen

    D. Schönfelder

  • Hallo Foris,

    heute möchte ich Euch zeigen, dass es Dinge gibt, bei denen nur ein geduldiges Abwarten und Beobachten erforderlich ist um herauszubekommen, was das sein könnte. So ging es mir, als ich in der Ostsee durch die Seegraswiesen und Sandzonen geschnorchelt bin. Ich habe da etwas entdeckt, was im ersten Moment unscheinbar auf dem Sandgrund als Gallertblase befestigt war. Ganz vorsichtig habe ich das Gebilde gelöst und in einer kleinen Trinkflasche nach Hause mitgenommen. Ich hatte das noch nie gesehen und war gespannt, was das sein könnte.

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    Links auf dem Bild, kann man diese Kugel erkennen, die sich in der Flasche erneut auf dem Sandgrund befestigt. Rechts liegt das Alien in einer kleinen Petrischale mit etwas Wasser bedeckt. Nun kann man schon auf beiden Bildern so was wie ein Granulat erkennen. Also das Mikroskop hervorgekramt und mal schauen was das ist.

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    Kleine Kleeblätter oder was ist das? Unbeweglich waren diese Gebildet in der Gallertkugel, einige hundert vielleicht. Etwas schwierig zu fotografieren, da die Tiefenschärfe nicht unter den Feldbedingungen anders zu machen sind. Diese Gallertkugel war zu diesem Zeitpunkt etwa 1 Tag aus der Ostsee herausgenommen.

    Ein erneuter Blick unter dem Mikroskop nach Tag drei offenbarte schon eine Weiterentwicklung der Kleeblätter.

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    Die Kleeblätter haben sich umgewandelt und eine Differenzierung hatte stattgefunden. Kleine Cilien und eine Becherform war nun erkennbar und es ist Bewegung in das ganze gekommen. Aber alles fand noch innerhalb der Gallertkugel statt. Ich würde sagen, die ursprünglichen Kleeblätter haben eine doppelte Größe angenommen.

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    Am Tag 5 ließen sich die ersten Differenzierungen in Körperorgane ausmachen. Langsam hatte ich dann die ersten Anhaltspunkte, was sich in der Kugel entwickelte und konnte die ersten Recherchen im Atlas für marines Plankton vornehmen.

    Damit endete das Lebensstadium der Gallertblase, den diese ist am Tag 7 aufgeplatzt und hat sich entleert. Nun waren die kleinen Dinger in eine pelagische Phase übergegangen und eine weitere Beobachtung war mir nicht mehr möglich. Immerhin konnte ich den Organismus bestimmen. Er entpuppte sich als ein eingeschlepptes Tier und wie Ihr sicher aus den Bildunterschriften gesehen habt, ist es ein im Moment noch kleiner Wurm, der sich schnell zu einem größeren Tier entwickelt, wenn die pelagische Phase endet. Daher kann ich Euch nur ein Bild aus der Quelle von Google zeigen:


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    Es war sehr interessant das in Teilen beobachten zu können. Leider finden solche Dinge wie so oft im verborgenen statt aber sehenswert ist es dennoch. Sieht doch hübsch aus oder?

    LG Dietmar

  • Hallo Dietmar, Deine Geduld hat sich ja wirklich gelohnt. Was Machst Du jetzt mit dem Ergebnis?

  • Hallo Rainer,

    solche Dinge bis zum reifen Tier sind sehr schwierig zu vollenden. Ich denke die sind verhungert, denn ich weiss nicht was die Larven zu sich nehmen.

    @Lili, Angst macht uns immer vor dem Unbekannten.


    In meinem Ostseeaquarium gab es immer wieder einmal kleine interessante Tiere die man sich mit Substraten oder als Larven einschleppt. Insgesamt eigentlich eine Menge würde ich sagen, so wie dieser Polychaet, den ich nicht bestimmen konnte. Poychaet.JPG


    Er gibt seine Geschlechtsprodukte ins freie Wasser ab, wo es im Normalfall sofort verdriftet.


    Bodengrund.jpg


    Kleinere Würmer sind durchaus möglich und häufig, sie sehen aus wie kleine Tubifex. Es sind aber keine und die Schollen lieben sie und graben sie richtig aus.


    Annelidae_filtered.jpg


    Etwas seltener dagegen sind recht große Oligacheten wie dieser hier. Er ist etwa 40cm lang. Bitte die Qualität der Bilder zu entschuldigen, weil es unbearbeitete "Arbeitsfotos zur Dokumentation sind und ich die Entwicklungen nach Möglichkeit nicht stören möchte. Also keine geputzten Scheiben...


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    Und bisweilen sind da hübsche Sachen dabei wie dieser kleine Gammarus zaddachi. Von denen gibt es auch invasive Arten wie den aus Amerika eingeschleppten Gammarus tigrinus. Aber da habe ich kein Bild. https://www.io-warnemuende.de/…0tigrinus%20(deutsch).pdf


    LG Dietmar