Wiss. Artikel: Axolotl: Über die Verwandlung(sfähigkeit) des mexikanischen Axolotl, Chauvin, 1876, 1885

  • Sodele, hab mir jetzt ne Literaturliste zum Thema zusammengestellt.
    Bis auf eines alles vollständig verfügbare Texte.

    Sobald ich sie hier Zitier trag ich sie explizit hier ein, ansonsten wer sich dafür interesssiert hier die Liste - ohne mir die Finge wund zu tippen ;) -:
    https://erabo.de/aqua/Macropod…latus?q=biblio/taxon/5124

  • die mail-adresse des von mir schon mehrfach verlinkten dr. christian reiß, univ. regensburg, ist frei im netz verfügbar


    christian.reiss (at) psk.uni-regensburg.de


    vielleicht würde er auf eine freundliche anfrage ja antworten. für ihn sind diese forschungsergebnisse bestimmt zugänglich

  • Neugierig auf den Axolotl und dessen Metamorphose-Aspekt


    denke ich, daß man diesem dennoch umfassender beikommt, wenn man ihn auch in ähnlichen arten betrachtet, wie z.b. den ambystoma rosaceum oder den bergmolchen


    oder sogar, wie in einem link ausgeführt, bis hin zur entwicklungsgeschichte der menschheit. mag sein, so wird die symptomatik in ihrer gesamtheit besser verständlich, besser erklärbar

  • Es gibt ein deutliches Anzeichen für einen Genfluss in und aus Axolotl-Populationen, der im Gegensatz zu dem steht, was die meisten Biologen erwartet hätten.

    Warum eigentlich? Wenn andere Querzahnmolche in denselben Gewässern laichen und nahe genug verwandt sind, muss man damit rechnen.

    veranlaßt haben sollte, dann wieder zahlreich an land zu gehen und sich dort wesentlich stärkerer gefahren und nahrungskonkurrenz auszusetzen.

    Es braucht keinen solchen Anlass, Evolution ist nicht zielgerichtet. Wenn der Entwicklungsschalter "Metamorphose" in der Larve umgelegt wurde, wodurch auch immer, geht sie an Land, unabhängig davon, ob dort Nahrung vorhanden ist oder gleich der erste Fressfeind wartet.

  • Warum eigentlich? Wenn andere Querzahnmolche in denselben Gewässern laichen und nahe genug verwandt sind, muss man damit rechnen.

    DIe (von mir verkürzte) Aussage bezieht sich wohl auf die Grundannahme, dass die Ausbildung von dominiert im Wasserstadium verbleibenden Amphibien ein Haupttreiber bzw ein sehr starker Treiber für die genetisch unabhängige Entwicklung und darüber für die Bildung von Arten ist.
    Und genau diese Annahme treibt wohl die aktuelle Sicht auf die Population Axolotl innerhalb der sehr verwandten Artengruppe der mexikanischen Tigrisgruppe.

    Da der Genfluss, den sie festgestellt haben, sowohl hinaus aus der Axolotlpopulation in die verwandten der Umgebung, als auch von diesen hinein in die Axolotlpopulation so groß ist, dass sich darüber nur schwer ein Artbildungsprozess für die Axolotl erklären ließe, während die Genflussreduktion über geografische Separation in der dortigen Tigrisgruppe dazu klar markanter zu sein scheint, sehen sie das als "Gegensatz" zur verbreiteten Grunderwartung, denn in der Tigrisgruppe ist die geografische Verteilung danach ein möglicher Artenbildungstreiber, während die Axolotl-Bildung spezifisch für die Axolotl-Population einen zu hohen genetischen Fluss in beiden Richtungen aufweist, um dazu als nennenswerter Treiber zu dienen.

    Bei reduziertem Genfluss über externe Barrieren, also nicht über den idividuen innewohnenden, reichen ja bereits aus menschlicher Sicht relativ seltene Genaustausche aus, um den Zusammenhalt als biologische Art sicherzustellen.


    So verstehe ich die Autoren mit dieser Aussage bis jetzt.

    Was natürlich aus dieser Arbeit nicht hervorgeht und als zu klärende Fragen offen bleibt, ist der konkrete Weg dieser Genaustausche.
    Für in die Population rein ist es ja ziemlich einfach und selbstverständlich, da in dieser (geografisch nahen) Tigrisgruppe wohl keine in den Individuen selbst verankerten nennenswerten Barrieren wirken.
    Für das Raus gibts aber offene Möglichkeiten:
    1. Es werden die Axolotl traditionell und aktuell gerne gegessen, wobei die Bezeichnung Axolotl von den (Ur)Einwohnern nicht die spezifischen "Axolotl" gemeint sind, sondern alle Larven aller in Mexiko lebenden Molche der Trigrisgruppe.
    Es ist also eine Annahme nicht unwahrscheinlich, weil vom Menschen gerne so gehandhabt, dass unsere spezifischen Axolotl von Menschen ab und an mal lebend mitgenommen und dann woanders wieder ausgesetzt werden.
    2. Wenn unsere spez. Axolotl - aus menschlicher Sicht zwar als selten wahrgenommen - ausreichend oft Landstadien ausbilden, können diese nat. ihre Gene in andere Gewässer aus der Tigrisgruppe transportieren.
    Was nur zwei der möglichen Wege sind.
    Ich persönlich finde den Aspekt des 2. Szenarios spannender vor allem zusammen mit einigen Aspekten aus den 2 Arbeiten von Chauvin.

  • die größte problematik sehe ich persönlich darin, daß chauvin et all meines wissens keine studien vor ort anstellen konnten, wie es überhaupt von dort so gut wie keine belastbaren daten gibt,


    die wissenschafter heute aber vor völlig anderen voraussetzungen stehen, aufgrund derer sie annahmen und herleitungen treffen - so wie wir interessierten laien auch. ich vermute daher (ja, auch das ist nur eine vermutung), daß die derzeit anzutreffenden verhältnisse - inklusive der schon längerfristig veränderten lebensräume - nur sehr begrenzt auf die damaligen umgelegt werden können

  • Zitat

    daß die derzeit anzutreffenden verhältnisse - inklusive der schon längerfristig veränderten lebensräume - nur sehr begrenzt auf die damaligen umgelegt werden könne

    Die damalige Situation war genauso wie die heutige eine von Menschen belebte Kulturlandschaft.


    Davon aber abgesehen hat das eh keinen Einfluss auf Fragen, welches Anpassungspotential/Anpassungskonviguration welche Lebensraumflexibilität ermöglicht.
    Die entsprechenden grundlegenden Eigenschaften einer Art ändern sich so schnell nicht und wirken daher damals wie heute, wenn sie auch je nach Lebensraum unterschiedliche Phänomene beobachtbar machen.


    Beispiel vereinfachendes - da gerade aktuell ;) :


    Wenn zwei Beobachter den Betta splendens in unterschiedlichen Lebensraumsituationen beobachten - dabei egal ob die zeitlich weit getrennt oder gleichzeitig aber ausprägungstechnisch weit getrennt sind - wie z.B.
    a) einmal in einer Reisfeldüberschwemmungszone und
    b) einmal in einem Kleinaquarium
    Dann werden sorgfältige Beobachter und Auswerter in beiden Fällen objektiv darauf kommen, dass B.spl. ein Männchenrevier bildet, welches vom Männchen aggressiv verteidigt wird, was eine fundamentale Eigenschaft dieser Art ist und Einfluss auf das Spektrum der von ihr nutzbaren Umweltkonstellationen hat, worüber sich dann beide Beobachter valide und überprüfbare Gedanken machen können.

    Einziger Unterschied ist, dass die Gedanken von Beobachter (b) bzgl dieser Konstellationen wahrscheinlich zu einer eingeschränkteren oder ab einem gewissen Punkt seine allgemeine Gültigkeit verlassenden Konvigurationmenge kommen als die vom Beobachter (a), welcher zusätzlich noch beobachten kann, dass diese Reviere begrenzt sind und über den Außenbereich das Männchen mit den Weibchen eine Kooperation umsetzt. und diese Weibchen keine nennenswerte Umsatzlast durch Beschädigungsaggressivität des Männchens zu tragen haben.

    ;) Ein jederzeit aktuelles Beispiel sind die abgeleiteten "gesunden" Umweltkonstallationen der Kafi-Halter- und Züchtergemeinden, die von grundsätzlich tötlichem Aggresionsverhalten der Männchen ausgehen und darüber jeder irgendwie geartete Gruppenhaltungkonstalltion kathegorisch ausschließen.
    Beide Beobachter (a) und (b) kommen zu der deckenden richtigen Umweltkonstellatiosnprogbnose, dass in auf 1m Raumverfügbarkeit reduzierten Umweltkonstallationen, das Männchen die Mitbewohner stark beschädigt. (b) Kann aber auch Konstellationen ableiten, in denen dieses typischerwese überhaupt nicht geschieht ;)

    Also in beiden konkreten Umwelten klann man gültige Beobachtungs machen udn daraus gültige Schlüsse ziehen, wenn man sich der Einschränkungen des Anwednungsbereiches der Beobachtungen bewusst ist.
    Kurz: egal in welchen Umweltkostallatione objektivierbare Beobachtungen festgehalten werden, Sie könne alle dazu beitragen eine genauere Vorstellung von den Eigenschaften einer Lebewesenart zu bekommen, sie alle tragen dazu bei.
    Aus Sicht einer Lebewesenart sind ie bedingungen von gestern nicht Vergangenheit
    und die von heute nicht ganz neu.
    Erstere leben in den Eigenschaften der Population und ihrer Individuen weiter und letztere gehören zum Prognoserepertoire der Population, welches sich darin niederschlägt ob sie die Konstellation aktiv aufsuchen oder meiden bzw. schlicht darin ausreichend erfolgreich leben können.
    Jetzt wird dann in künftigen Populationen zum irgendwie mehr oder weniger integrierten Prognosewissen usw ...

    "die wissenschafter heute aber vor völlig anderen voraussetzungen stehen, aufgrund derer sie annahmen und herleitungen treffen"
    S. o. und:
    Wenn du meinst, dass manches, was Frau Chauvin noch als "Trieb zur Höherentwicklung" gesehen hat mangels weiterer Kenntnis über die Entwicklung der Lebewesen auf genet. Ebene bzw. der genaueren Funktionsweise des Evolutionsprozesses,
    ändert das an ihren sehr sorgfältigen und durchdachten Versuchsaufbaue und der sauberen Schlussweise aus den Ergebnissen so wenig, wie das die heutige Kenntnis über Quantenphysik und Relativitätstheorie an der Richtigkeit der Klassischen Mechanik nach Newton im dafür zuständigen Anwendungsbereich etwas ändert.

  • zu deinem letzten satz steht da noch die quantengravitation dazwischen, aber das ist mir zu hoch


    worauf ich damit eigentlich bezug nahm, war, daß was chauvin damals künstlich herbeiführte, im natürlichen lebensraum der axolotl (wobei, wie du schon ausführtest, dieser begriff in den augen der indigenen alle neotenischen arten umfaßt) seit jahrzehnten gang und gäbe ist und so landgänge - und damit hybridisierungen - möglicherweise in weitaus stärkerem maße stattfinden als zu zeiten von humbodt's oder dumerils

  • Nun, Chauvin hat das durchaus gut durchdacht, welche möglichen Auslöser zu testen seien.
    Sie hat eigentlich im Wesentlichen Auslöser getestet, die eben zu den Umweltbedingungen von Lurchgewässern typischerweise gehöhren:
    Flachwasserbedingungen, die es den Larven leicht ermöglichen mit Luft in Berührung zu kommen,
    Warmes, kaltes Wasser,
    Sauerstoffveringerung wie in warme werdenden Wasser normal ist,

    Austrocknenden Gewässern....
    Sie hat keine weltfremden Marsaspekte im Experiment verwendet, sondern eben genau solche Aspekte die man auch Lurchgewässer beobachten kann und deswegen eine gute Annahme liefern, dass sie etwas mit der Auslösung zu tun haben könnten.


    "möglicherweise in weitaus stärkerem maße stattfinden als zu zeiten von humbodt's oder dumerils"
    Ja, zu unterschiedlichen Zeiten ist es aus welchen Gründen auch immer an einem bestimmten Ort wahrscheinlich zu unterschiedlicher Intensität solcher auslösender Merkmale gekommen.
    Aber wie ich oben versucht habe darzustellen, hat das keinen Einfluss auf die Frage der Untersuchbarkeit: Welche Möglichkeiten dieser Art innewohnen und welche Lebensumstände damit von ihr beherschbar werden oder in umgekehrter Sicht wie die Historie ausgesehen haben könnte, die diese Art mit diesen Möglichkeiten hat entstehen lassen.
    Es hat keine Einfluss auf die Gültigkeit der von Chauvin festgestellten Fakten - wenn angenommen wird, dass die Versuche korrekt ausgewertet wurden und reproduzierbar wären - und es hat auch keine Einfluss auf die Gültigkeit
    der von ihr daraus gezogenen Schlüsse im Rahmen des damaligen Wissenstandes.
    Im Gegenteil, mir würde es leicht fallen ihre Begrifflichkeiten in heutige Fachsprache zu übersetzen und dabei käme, wodurch sich diese dann sehr modern auf der Höhe des 20ste Jahrhunderts lesen würden.

    Sie war aus meiner naiven Sicht verdammt gut nicht nur im Experiment sondern auch in ihren Schlüssen daraus.

    Ps:
    ;) "Quantengrafitation" ist Bestandteil der Quantenphysik ;), oder?

  • "Die Quantengravitation ist eine derzeit noch in der Entwicklung befindliche Theorie, welche die Quantenmechanik und die allgemeine Relativitätstheorie, also die beiden großen physikalischen Theorien des 20. Jahrhunderts, vereinigen soll." (u.a. wikipedia)


    meine überlegungen waren auch kein angriff auf die untersuchungen von chauvin. im gegenteil, diese unterstützen sogar meine these, daß die geänderten umweltbedingungen zu einem verstärkten drang zur metamorphose führen könnten - und sich damit natürlich auf die aktuellen studien auswirken